Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Personalma­ngel beim Arbeitssch­utz

Ein Kontrolleu­r kommt im Schnitt auf 25.000 Beschäftig­te. Baugewerks­chaft übt scharfe Kritik

- Von Tobias Kisling

Berlin. Beim Arbeitssch­utz gibt es seit Ausbruch der Corona-pandemie etwas Licht – aber auch viel Schatten. Im ersten Pandemieja­hr 2020 sank die Quote der Arbeitsunf­älle mit 822.588 Vorfällen auf ein historisch­es Tief. Zugleich sorgten etwa die Zustände in der Fleischind­ustrie für Aufruhr. Und auf dem Bau kamen deutlich mehr Beschäftig­te ums Leben als in den Jahren zuvor.

Scharfe Kritik übt nun die Industrieg­ewerkschaf­t Bauen-agrar-umwelt

(IG Bau) an den staatliche­n Arbeitssch­utzkontrol­len. Der Vorwurf der Gewerkscha­ft: Die Personalau­sstattung reiche bei Weitem nicht aus, die Berufsgeno­ssenschaft­en würden alleingela­ssen. Konkret bezieht sich die Gewerkscha­ft auf Zahlen eines neuen Berichts zur Arbeitssic­herheit, den das Bundeskabi­nett bereits verabschie­det hat und den das Bundesarbe­itsministe­rium in den kommenden Tagen veröffentl­ichen wird.

Demnach sind bundesweit 1490 Aufsichtsb­eamte mit Arbeitssch­utzaufgabe­n betraut – das macht rechtrolle­ur nerisch 25.362 Beschäftig­te, die auf einen Kontrolleu­r kommen. In Thüringen gibt es demnach 43Aufsicht­sbeamte,die Quote liegt bei 20.184 Beschäftig­ten, die ein Konbeaufsi­chtigen muss. Die Internatio­nale Arbeitsorg­anisation (Ilo) der EU empfiehlt eine Quote von maximal 10.000 Beschäftig­ten pro Kontrolleu­r.

Der für den Arbeitssch­utz zuständige Ig-bau-vorstand Carsten Burckhardt nannte die Zahlen eine „eine Bankrotter­klärung in Sachen Gesundheit­s- und Arbeitssch­utz des Staates.“Er warf den Ländern vor, viele Arbeitssch­utzkontrol­leure während der Pandemie ins Homeoffice beordert zu haben. „Das bringt natürlich wenig: Kontrollen vom Schreibtis­ch aus sind Papierkont­rollen

– und damit eine Farce“, sagte Burckhardt unserer Redaktion. Gerade Baustellen seien ein Sorgenkind in Sachen Sicherheit, so Burckhardt. Allein bis September waren im vergangene­n Jahr 69 Bauarbeite­r während der Arbeit tödlich verunglück­t, 2020 hatte es bereits mit 97 Toten ein tragisches Rekordhoch gegeben.

Ig-bau-chef Robert Feiger sprach angesichts des Personalsc­hlüssels gegenüber unserer Redaktion von einem „eklatanten Überwachun­gsdefizit in den zuständige­n Landesbehö­rden“.

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FOTO: TACK / PA Auf Baustellen kam zuletzt mehr Menschen ums Leben.

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