Habeck zwischen Windrad und Corona-boni
Bei seiner ersten Reise nach Bayern wirbt der Wirtschafts- und Klimaminister für „ökologischen Patriotismus“
München. München ist auf viele Arten weit weg von Berlin. Aber dann doch nicht weit genug, damit Robert Habeck die Nachrichten des Vortages nicht bis nach Bayern folgen würden. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Berlin gegen den gesamten grünen Bundesvorstand wegen Untreue, sie überschatten diese Reise des Bundeswirtschaftsministers nach München.
Donnerstagmorgen, die bayerische Staatskanzlei hat eingeladen zur Pressekonferenz mit dem Bundeswirtschaftsund -klimaminister sowie dem bayerischen Ministerpräsidenten. Eigentlich soll es um die Energiewende gehen, doch gefragt wird der Minister nach dem Verfahren, das am Mittwoch öffentlich geworden war.
Habeck bemühte sich, das Thema runterzuspielen: Die Ermittlungen würden aufbauen auf bekannten Vorgängen, nämlich den Coronaboni, die sich der Parteivorstand im Jahr 2020 ausgezahlt und später der Partei zurücküberwiesen hatte. „Mehrfach politisch durchgenudelt“seien diese Vorgänge inzwischen, erklärte Habeck. Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft folge dem normalen Dienstweg, die Grünen würden „vollumfänglich“kooperieren. „Das wird sich jetzt alles sehr schnell aufklären.“, so Habeck.
Dem Grünen-chef ist anzumerken, dass er lieber über anderes sprechen würde. Über Windkraft zum Beispiel und die Frage, warum sie in Bayern so wenig genutzt wird. Damit Deutschland bis 2045 klimaneutral werden kann, sollen sich bundesweit bald bis zu 1500 neue Windräder pro Jahr drehen – ein großer Teil davon im Freistaat.
In den ersten drei Quartalen von 2021 wurden in Bayern ganze sechs neue Windräder genehmigt – und null Anträge für neue Windräder gestellt. So kann es nicht bleiben, das machte Habeck nach dem Gespräch mit Bayerns Ministerpräsidenten, Markus Söder (CSU), deutlich: „Wir brauchen einen ökologischen Patriotismus beim Ausbau von schwierigen Techniken.“Man müsse verhindern, dass eine Dynamik entstehe, bei der die Länder „aufeinander zeigen und sagen, aber der macht doch auch nichts“.
Es war eine wenig subtile Anspielung auf Söder. Der hatte zuvor mehrmals darauf verwiesen, dass im grün regierten Baden-württemberg auch nicht viel vorangeht in Sachen Windkraftausbau. Söder erwiderte, dass 53 Prozent des Stroms in Bayern aus erneuerbaren Quellen kämen. Der Freistaat wolle vor allem auf Photovoltaik setzen, außerdem auf Wasserkraft, Biomasse und Geothermie. „Für uns ist Wind ein Baustein, aber nicht das einzige Thema.“Doch komplett verweigern will sich Bayern dem Projekt des Bundesministers nicht. Bis März soll Bayern jetzt Vorschläge vorlegen, wie wieder mehr Windkraft ausgebaut werden kann.