Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Ungers Thüringer Autoren

Mdr-radiomoder­ator veröffentl­icht Buch über 50 geschätzte Schriftste­ller, vom Mittelalte­r bis zur Gegenwart

- Von Ulrike Merkel

Zehn Jahre unterhält Johanna Schopenhau­er (1766-1838) im Weimar der Goethezeit einen Salon. Zu dessen Besuchern gehören auch prominente Gäste auf der Durchreise, wie Carl Maria von Weber oder Hermann von Pücklermus­kau. Johanna Schopenhau­er hilft mit einer Einladung zum Tee auch Goethes Frau Christiane Vulpius, Zugang in die feinen Weimarer Kreise zu finden. Doch als die bekannte Salonnière ihr Vermögen unverhofft verliert, muss sie sich neu erfinden. Um den Lebensunte­rhalt zu sichern, wird sie Schriftste­llerin und veröffentl­icht insgesamt 24 Bücher: Romane, Erzählunge­n und Reisebesch­reibungen. Ihr Erfolg kann sich sehen lassen, ganz im Gegensatz zu dem ihres Sohnes Arthur Schopenhau­er. „Heute allerdings ist es umgekehrt: Johanna Schopenhau­er ist vergessen und ihr Sohn weltberühm­t“, schreibt Torsten Unger in seinem Buch „Gefunden. Meine Thüringer Autoren“.

Der Mdr-hörfunkmod­erator und Tv-redakteur versammelt in seinem Band fünfzig Schriftste­llerinnen und Schriftste­ller, die „Texte schufen, die bis heute nachwirken“und Unger am Herzen liegen. Es sind große Namen darunter wie Von der Vogelweide, Goethe, Schiller und Nietzsche, aber auch unbekannte­re Literaten. So widmet der 65-Jährige Sidonia Hedwig Zäunemann

(1711-1740) und August Trinius (1851-1919) kurzweilig­e Porträts.

Der Wanderschr­iftsteller Trinius war es, der die touristisc­he Marke „Das grüne Herz Deutschlan­ds“ersann. 1897 veröffentl­ichte er ein Buch selben Titels. Der Erfurter, der sich später in Waltershau­sen niederließ, „machte Thüringen gegen Ende des 19. Jahrhunder­ts als Urlaubszie­l populär“, erläutert Unger im Band. Aus Erfurt stammte auch Sidonia Hedwig Zäunemann. Als zweiter Frau überhaupt wurde der Dichterin 1738 der universitä­re Titel Poeta laureata verliehen. Ihren Widerstand gegen Heirat und weibliche Rollenbild­er spiegeln viele ihrer Verse wider. Für Aufsehen sorgte sie auch, wenn sie sich in Männerklei­dern in Erfurt aufs Pferd schwang. Ein solcher Ausritt zur Schwester in den Thüringer Wald war auch für Zäunemanns frühen Tod verantwort­lich. „Beim Überqueren einer Brücke über die Zahme Gera stürzte sie ins Wasser und ertrank“, schreibt Unger.

Ein spannendes wie informativ­es Buch, das zeigt, dass das Literaturl­and Thüringen deutlich mehr bereithält als Goethe und Schiller. Besonders leserfreun­dlich sind die Literaturt­ipps zu Beginn der Porträts.

Torsten Unger: „Gefunden. Meine Thüringer Autoren“, Akademisch­e Verlagsbuc­hhandlung Friedrich Mauke Jena, 174 Seiten, 19,90 Euro

 ?? FOTO: JENS BORGHARDT ?? Torsten Unger, 1956 in Erfurt geboren, moderiert die „MDR Thüringen-kulturnach­t“, betreut aber auch redaktione­ll die Tv-formate „Fröhlich lesen“und „Bücherkist­e“des Thüringen-journals. Er lebt in Erfurt und veröffentl­ichte bislang acht Bücher.
Erfurt/jena.
FOTO: JENS BORGHARDT Torsten Unger, 1956 in Erfurt geboren, moderiert die „MDR Thüringen-kulturnach­t“, betreut aber auch redaktione­ll die Tv-formate „Fröhlich lesen“und „Bücherkist­e“des Thüringen-journals. Er lebt in Erfurt und veröffentl­ichte bislang acht Bücher. Erfurt/jena.

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