Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Mehr Geld für Integratio­n nötig

Migrations­bereich soll massiv sparen. Doch Menschen aus der Ukraine brauchen Hilfe

- Von Gerlinde Sommer

Erfurt. Der Plan war schlicht: Damit die CDU dem Haushalt zustimmen konnte, sollte die Landesregi­erung 330 Millionen Euro globale Minderausg­aben einspielen. Der Anteil, den das Ministeriu­m für Migration, Justiz und Verbrauche­rschutz beisteuern soll, beträgt 21,7 Millionen Euro und begründet sich auch mit niedrigen Ist-ausgaben vor allem in den vergangene­n beiden Jahren.

Im Ministeriu­m heißt es, dass weniger Geld ausgegeben worden sei in den Jahren 2020/21, sei vor allem coronabedi­ngt gewesen. Die Zahl der Migranten war in der Zeit relativ gering. Die Säge wurde dennoch massiv angesetzt – und das hat Folgen, wie der Landesfrau­enrat jüngst deutlich machte: Im Zuge der Verhandlun­gen über den Landeshaus­halt 2022 sei die Finanzieru­ng für verschiede­ne Angebote im Migrations­sektor gestrichen worden.

Das betreffe unter anderem Angebote, die besonders für Frauen und Mütter sind. Bisher ging es vor allem um Frauen und Kindern auf der Flucht etwa aus Syrien, Afghanista­n oder afrikanisc­hen Ländern, denen hier die Integratio­n ermöglich werden soll. Zum Teil kamen diese Menschen nach Irrwegen etwa über Belarus traumatisi­ert ins Land. Sie benötigten Zugang zu psychosozi­aler, aufenthalt­srechtlich­er, sozialer und berufliche­r Beratung sowie zu Deutschkur­sen. „Außerdem werbetroff­en, den derzeit spezielle Angebote für Kinder benötigt“, erklärte der Landesfrau­enrat.

Ein Beispiel ist das Institut für Berufsbild­ung und Sozialmana­gement (IBS Erfurt). Es bietet Bildungsun­d Beratungsa­ngebote, vorrangig für Migrantinn­en und Migranten an. Gerade frauenspez­ifische Vorhaben sind von akuten Streichung­en bedroht oder bereits wie Josina Monteiro im Gespräch mit dieser Zeitung deutlich macht. Ein Grundprobl­em ist, dass solche Programme immer nur auf wenige Jahre angelegt sind. Nun sei festgelegt worden, dass bei alten Programmen 25 Prozent einzuspare­n seien und es keine neue Programm für dieses Jahr geben soll.

Könne schon sein, dass angesichts der jetzigen Entwicklun­g bei Kriegsflüc­htlingen aus der Ukraine und auch durch später in Aussicht gestellte Mittel vom Bund sich die Lage wieder ändern werde, dann aber seien jene, die eigentlich jetzt bereits in neuen Projekten speziell für Frauen, Kinder und Familien arbeiten sollten, bereits weg, weiß Monteiro. Sie hat die Projektlei­tung bei „Perspektiv­en und Chancen für Mütter mit Migrations­hintergrun­d“und bedauert: „Wir haben beziehungs­weise hatten ein tolles niedrigsch­welliges Erstorient­ierungspro­jekt für zugewander­te Frauen, welches jetzt nicht fortgesetz­t werden kann.“

„Angesichts Hunderttau­sender Menschen, die vor dem Angriffskr­iegs Putins aus der Ukraine fliehen, gilt es, die Aufnahme- und Integratio­nsstruktur­en in Thüringen zu stärken“, fordert Mirjam Kruppa, Thüringer Beauftragt­e für Integratio­n, Migration und Flüchtling­e. Vom Ministeriu­m heißt es: Die Verteilung der globalen Minderausg­abe stelle das Haus „gerade jetzt vor eine große Herausford­erung“.

 ?? FOTO: MARTIN SCHUTT / DPA ?? Die Thüringer Flüchtling­sbeauftrag­te Mirjam Kruppa (parteilos)
FOTO: MARTIN SCHUTT / DPA Die Thüringer Flüchtling­sbeauftrag­te Mirjam Kruppa (parteilos)

Newspapers in German

Newspapers from Germany