Gute Gründe für eine Männerquote
23 von 380 Erziehern in Erfurter Kindergärten männlich. Einer von ihnen ist Konstantin Schütze
Erfurt. Gerade rückt der Frauenanteil wieder in den Mittelpunkt. Dem Kanzler ist eine Ministerin abhanden gekommen, doch muss bei der Neubesetzung penibel auf die Frauenquote geachtet werden. Eine Männerquote in Kindertagesstätten indes sucht man vergebens. Männer sind in Kindergärten als Erzieher schlichtweg unterrepräsentiert. Erfurt zum Beispiel hat 109 Kitas. In der Stadtverwaltung sind 380 Erzieher angestellt. 357 Frauen und 23 Männer. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Der Beruf ist traditionell eher weiblich, nicht angemessen bezahlt, von Vorurteilen gegen männliche Erzieher behaftet. Männer sind, um es einfach zu sagen, Exoten unter Frauen. Manch einer fühlt sich da deplatziert. 2500 Euro brutto Einstiegsgehalt – nicht gerade üppig
Einer, der sich nicht hat abhalten lassen, diesen sowohl schönen, als auch anstrengenden und verantwortungsbeladenen Beruf zu ergreifen, ist Konstantin Schütze. Der 35Jährige arbeitet seit August 2022 im Fröbelkindergarten im Borntal. 2010 hat er die Ausbildung begonnen. Die zwei ersten Jahre für lau. Er jobbte nebenbei für den Lebensunterhalt und die Finanzierung der Ausbildung. In seiner Klasse: 20 Frauen, fünf Männer. Das war schon viel. Das Einstiegsgehalt – um die 2500 Euro brutto bei einer 35-Stunden-woche – als üppig zu bezeichnen, verbietet sich von selbst. Seine „Feuertaufe“hat er in Berlin absolviert. Fünf Jahre lang. In einem Kindergarten mit 23 Nationalitäten. „Da weiß man, was man hat“, sagt er und lacht.
Es verwundert übrigens nicht, dass in Thüringen viele Erzieher fehlen. Der Personalschlüssel liegt bei 1:14. Ein Erzieher auf 14 Kinder. In Bayern: 1:7. Und wesentlich besser bezahlt. Schütze, inzwischen selbst Vater einer zweijährigen Tochter, ist geblieben. Und er hat sichtlich Spaß im Umgang mit Kindern. Wichtig: Lärmresistenz. „Kinder unterhalten sich nun mal nicht in normaler Lautstärke“, sagt er.
Mancher seiner Schützlinge braucht mehr Zuwendung und Aufmerksamkeit. Nicht selten wechseln Probleme aus dem Elternhaus in die Kita. Auch ein bestimmtes Klientel kann dem Erzieherkollegium zusetzen. Stichwort: Helikoptereltern.
Für Schütze ist aber das Vertrauen gegenüber den Erziehern „ein ganz wichtiger Baustein“. Und er fügt an: „Ich habe einen sehr facettenreichen Job, der zwar wenig Lobby hat, der aber viel Freude zurückgibt“. „Jeder Tag ist anders, man kann kreativ sein, mit den Kindern arbeiten, sie für etwas begeistern“, sagt er. Sein Leitspruch: „Kinder sollen Spaß haben, mit dem was sie machen. Und immer etwas dazulernen“. Was nicht ausschließe, Grenzen zu setzen. Wenn es darum gehe, Werte und Normen umzusetzen, müsse man konsequent sein.
Fachleute staunen übrigens nicht, wenn Kindergartenkinder besonders auf männliche Erzieher abfahren. Männer, hat man festgestellt, sind für Kinder – schon von der Stimme her – präsenter. Dazu größer und stärker. Und sie können oft Fußball spielen, ein Pluspunkt bei Jungen. Das Kind kann außerdem erleben, dass eine positive Männlichkeit nichts mit dem propagierten Rollenverständnis zu tun hat. Zusätzlich berichten Erzieherinnen, dass männliche Kollegen von den Kindern eher ernst genommen werden.