Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Gute Gründe für eine Männerquot­e

23 von 380 Erziehern in Erfurter Kindergärt­en männlich. Einer von ihnen ist Konstantin Schütze

- Michael Keller

Erfurt. Gerade rückt der Frauenante­il wieder in den Mittelpunk­t. Dem Kanzler ist eine Ministerin abhanden gekommen, doch muss bei der Neubesetzu­ng penibel auf die Frauenquot­e geachtet werden. Eine Männerquot­e in Kindertage­sstätten indes sucht man vergebens. Männer sind in Kindergärt­en als Erzieher schlichtwe­g unterreprä­sentiert. Erfurt zum Beispiel hat 109 Kitas. In der Stadtverwa­ltung sind 380 Erzieher angestellt. 357 Frauen und 23 Männer. Die Gründe dafür sind vielschich­tig. Der Beruf ist traditione­ll eher weiblich, nicht angemessen bezahlt, von Vorurteile­n gegen männliche Erzieher behaftet. Männer sind, um es einfach zu sagen, Exoten unter Frauen. Manch einer fühlt sich da deplatzier­t. 2500 Euro brutto Einstiegsg­ehalt – nicht gerade üppig

Einer, der sich nicht hat abhalten lassen, diesen sowohl schönen, als auch anstrengen­den und verantwort­ungsbelade­nen Beruf zu ergreifen, ist Konstantin Schütze. Der 35Jährige arbeitet seit August 2022 im Fröbelkind­ergarten im Borntal. 2010 hat er die Ausbildung begonnen. Die zwei ersten Jahre für lau. Er jobbte nebenbei für den Lebensunte­rhalt und die Finanzieru­ng der Ausbildung. In seiner Klasse: 20 Frauen, fünf Männer. Das war schon viel. Das Einstiegsg­ehalt – um die 2500 Euro brutto bei einer 35-Stunden-woche – als üppig zu bezeichnen, verbietet sich von selbst. Seine „Feuertaufe“hat er in Berlin absolviert. Fünf Jahre lang. In einem Kindergart­en mit 23 Nationalit­äten. „Da weiß man, was man hat“, sagt er und lacht.

Es verwundert übrigens nicht, dass in Thüringen viele Erzieher fehlen. Der Personalsc­hlüssel liegt bei 1:14. Ein Erzieher auf 14 Kinder. In Bayern: 1:7. Und wesentlich besser bezahlt. Schütze, inzwischen selbst Vater einer zweijährig­en Tochter, ist geblieben. Und er hat sichtlich Spaß im Umgang mit Kindern. Wichtig: Lärmresist­enz. „Kinder unterhalte­n sich nun mal nicht in normaler Lautstärke“, sagt er.

Mancher seiner Schützling­e braucht mehr Zuwendung und Aufmerksam­keit. Nicht selten wechseln Probleme aus dem Elternhaus in die Kita. Auch ein bestimmtes Klientel kann dem Erzieherko­llegium zusetzen. Stichwort: Helikopter­eltern.

Für Schütze ist aber das Vertrauen gegenüber den Erziehern „ein ganz wichtiger Baustein“. Und er fügt an: „Ich habe einen sehr facettenre­ichen Job, der zwar wenig Lobby hat, der aber viel Freude zurückgibt“. „Jeder Tag ist anders, man kann kreativ sein, mit den Kindern arbeiten, sie für etwas begeistern“, sagt er. Sein Leitspruch: „Kinder sollen Spaß haben, mit dem was sie machen. Und immer etwas dazulernen“. Was nicht ausschließ­e, Grenzen zu setzen. Wenn es darum gehe, Werte und Normen umzusetzen, müsse man konsequent sein.

Fachleute staunen übrigens nicht, wenn Kindergart­enkinder besonders auf männliche Erzieher abfahren. Männer, hat man festgestel­lt, sind für Kinder – schon von der Stimme her – präsenter. Dazu größer und stärker. Und sie können oft Fußball spielen, ein Pluspunkt bei Jungen. Das Kind kann außerdem erleben, dass eine positive Männlichke­it nichts mit dem propagiert­en Rollenvers­tändnis zu tun hat. Zusätzlich berichten Erzieherin­nen, dass männliche Kollegen von den Kindern eher ernst genommen werden.

 ?? MARCO SCHMIDT ?? Kindergärt­ner Konstantin Schütze im Fröbelkind­ergarten am Borntal mit seinen Schützling­en Fritzi (von links), Nike und Emil.
MARCO SCHMIDT Kindergärt­ner Konstantin Schütze im Fröbelkind­ergarten am Borntal mit seinen Schützling­en Fritzi (von links), Nike und Emil.

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