Schleuserprozess geplatzt
Vorwürfe gegen eine Schöffin am Landgericht Erfurt. Sie soll eine rechte Aktivistin sein
Erfurt. Am Landgericht Erfurt ist ein Prozess geplatzt, nachdem Vorwürfe gegen eine der beiden Schöffinnen erhoben wurden. Gitta K. soll zu den umtriebigsten Aktivisten im Zuge der Proteste gegen die Corona-maßnahmen in Thüringen gehört haben. Vergangenen November hatte sie eine Demonstration vor dem Landtag angemeldet und stand auch selbst mit auf der Bühne. Um sie versammelt waren prominente Gesichter der rechtsextremen Szene aus Mitteldeutschland. Co-anmelder war damals der mehrfach vorbestrafte Geraer Rechtsextremist Christian Klar. Der MDR berichtete am Wochenende zuerst über die Vorwürfe gegen die Schöffin in dem Anfang Januar begonnenen Schleuserprozess.
Die 10. Strafkammer hatte sich am Dienstag vor Verhandlungsbeginn hinter verschlossenen Türen mit der Schöffin beraten. Der Vorsitzende Richter, Udo Tiedjen, informierte anschließend öffentlich die Prozessbeteiligten auch über das Gespräch. Gitta K. soll das Anmelden der Demonstration eingeräumt, aber auch bekräftigt haben, dass die Rechtsextremen nicht von ihr eingeladen worden seien. Der Richter verwies darauf, dass die Schöffin im Vorjahr bereits an zwei Gerichtsverfahren seiner Kammer als Schöffin beteiligt war und er in den Verhandlungspausen von ihr keine rechtsextremen Äußerungen gehört habe. Zudem sei die Schöffin auf das Grundgesetz vereidigt worden.
Allerdings hätte die mediale Berichterstattung Zweifel geweckt, die überprüft werden müssten, so der
Richter. Aus Sicht der Kammer ist dafür das Oberlandesgericht (OLG) in Jena zuständig. Geregelt werde das im Paragraf 51 des Gerichtsverfassungsgesetzes. Bei einer Verletzung der Schöffenpflichten, dass könne auch eine extreme Einstellung sein, wäre eine Enthebung vom Amt möglich. Daher werde die Kammer dem OLG die Frage vorlegen, ob die Schöffin ihre Amtspflichten gröblich verletzt habe.
Zugleich kündigte der Richter das Aussetzen des laufenden Verfahrens an. Damit ist der Prozess am Dienstag geplatzt und muss erneut mit veränderter Schöffenbesetzung beginnen. Das gilt unabhängig davon, zu welcher Einschätzung das OLG kommen wird. Für den 9. März wurde der Neustart der Verhandlung anberaumt.
Zwei der drei Verteidiger wiesen die Entscheidung des Gerichts zurück. Sie sehen die Unabhängigkeit der Justiz und damit objektive Urteile in Gefahr, wenn Fernseh- und Presseveröffentlichungen derart ein Verfahren beeinflussen könnten. Verteidiger Dieter Bolz sprach sich dafür aus, den verantwortlichen Journalisten für die Erstveröffentlichung der Vorwürfe gegen die Schöffin als Zeugen zu laden, um herauszufinden, wie belastbar die Darstellung sei. Dem widersprach die Prozessvertreterin der Staatsanwaltschaft Erfurt. Für Bedenken gegen die Schöffin reiche bereits der bloße Anschein aus, um zu prüfen, ob die Eignung noch gegeben sei.
Im Prozess wird drei Angeklagten vorgeworfen, rund 100 Ausländer aus Staaten außerhalb der EU zumeist mit gefälschten Papieren illegal Jobs und Aufenthalt in Deutschland verschafft zu haben.