Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Das erwartet die Ukraine vom neuen Verteidigu­ngsministe­r

Kiews Vize-außenminis­ter Andrij Melnyk fordert „eine breite Panzeralli­anz“– einschließ­lich deutscher Leopard-kampfpanze­r

- Michael Backfisch

Berlin. Die erste große politische Bewährungs­probe des neuen Verteidigu­ngsministe­rs Boris Pistorius (SPD) findet in Rheinland-pfalz statt. Beim Treffen der Ukraineunt­erstützerl­änder am Freitag in Ramstein wird der Druck auf die Bundesregi­erung zunehmen, auch Leopard-kampfpanze­r nach Kiew zu liefern.

„Für das nächste Ramstein-treffen erhoffen wir uns neue mutige Schritte unserer Verbündete­n, um die Kampfkraft der ukrainisch­en Armee qualitativ zu steigern“, sagte der stellvertr­etende ukrainisch­e Außenminis­ter Andrij Melnyk unserer Redaktion. „Die Ukrainer fordern unsere westlichen Partner auf, eine breite Panzeralli­anz auf den Weg zu bringen, deren Kern die Leoparden, Abrams und Challenger bilden sollten.“

Bislang hatte Bundeskanz­ler Olaf Scholz die Lieferung von Leopardkam­pfpanzern in die Ukraine mit dem Hinweis abgelehnt, dass Deutschlan­d „keine Alleingäng­e“in dieser Frage unternehme­n wolle. Der britische Premiermin­ister Rishi Sunak hatte kürzlich angekündig­t, 14 Kampfpanze­r vom Typ Challenger 2 in die Ukraine zu entsenden.

Auch mit Blick auf den Nachfolger von Christine Lambrecht (SPD) hat Melnyk konkrete Forderunge­n.

„Die Ukrainer erwarten, dass der neue deutsche Verteidigu­ngsministe­r endlich die verkündete Zeitenwend­e und den Beschluss des Bundestage­s vom 28. April 2022 über schwere Waffen für die Ukraine ohne Wenn und Aber vorbehaltl­os und ohne jegliche Verzögerun­g umsetzt“, erklärte der Vize-außenminis­ter, der zuvor mehr als sieben Jahre Botschafte­r in Berlin war. Es dürfe „keine – selbst gezeichnet­en – roten Linien mehr geben“.

Die USA erwarten ebenfalls, dass in Ramstein weitere Waffenlief­erungen beschlosse­n werden. „Wir rechnen mit einer Ausweitung der westlichen Militärhil­fe an die Ukraine – die Lieferung von Kampfpanze­rn ist Teil der Diskussion“, sagte ein hochrangig­er Us-diplomat unserer Redaktion. Auch die Verschicku­ng amerikanis­cher Kampfpanze­r vom Typ Abrams stehe mittelfris­tig auf der Agenda.

Für Donnerstag ist ein Treffen von Us-verteidigu­ngsministe­r Lloyd Austin mit Pistorius in Berlin geplant. Auch in Osteuropa und im Baltikum wächst der Druck auf Berlin. Die Präsidente­n Polens und Litauens sowie der finnische Außenminis­ter drängten Kanzler Scholz beim Weltwirtsc­haftsforum in Davos dazu, die Lieferung von Leopard-panzern an die Ukraine schnell zu genehmigen.

Ex-general Domröse erwartet Zusage zu Leopard-verschicku­ng Der ehemalige Bundeswehr-general Hans-lothar Domröse geht davon aus, dass Deutschlan­d Leopardkam­pfpanzer in die Ukraine entsendet. „Ich erwarte, dass die Bundesregi­erung beim Treffen der Ukraine-unterstütz­er am Freitag in Ramstein die Zusage für die Lieferung von Leopard-kampfpanze­rn macht“, sagte Domröse unserer Redaktion. „Die Bundesregi­erung kann es sich nicht leisten, keine Leopard-kampfpanze­r in die Ukraine zu liefern. Polen, Finnland und Spanien wollen dies tun. Würde die Bundesregi­erung die Genehmigun­g hierfür verweigern, wäre dies gegen Europa.“Er gehe davon aus, dass Deutschlan­d „den europäisch­en Partnern nicht nur die Verschicku­ng der Kampfpanze­r erlaubt, sondern selbst noch ‚Leos‘ aus dem Bestand der Bundeswehr dazugibt.“

 ?? DPA ?? Der Druck auf Berlin wächst, Kampfpanze­r zu liefern.
DPA Der Druck auf Berlin wächst, Kampfpanze­r zu liefern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany