Ungewöhnliche Umgestaltung
Wie der FC Rot-weiß Erfurt vor 39 Jahren zu einem neuen Vereinsemblem kam
Erfurt. Das Urteil fiel eindeutig aus. „Unausgeschöpftes Leistungsvermögen, individuell wie kollektiv erhebliche Instabilitäten. Heute begeisternd, morgen enttäuschend“, schrieb die Fachzeitung „Fußballwoche“über die Bilanz des FC Rotweiß Erfurt, der die Saison 1983/84 nach deftigen Niederlagen gegen Dresden (1:5), Frankfurt/oder (1:4) oder Lok Leipzig (0:3) auf Rang sieben im grauen Mittelfeld beendete. Für neuen Schwung sollte im Sommer 1984 Hans Meyer sorgen, der damals Trainer Siegmar Menz ablöste. Optisch hatte sich der Club an entscheidender Stelle schon ein paar Monate vorher neu aufgestellt – mit verändertem Logo.
Der Wechsel des Vereinsemblems vor 39 Jahren, zumal mitten in der Saison, war ungewöhnlich. Von oben verordnet, wie manches in der damaligen DDR, war er aber nicht. Dieter Raschel, der einst als hauseigener Grafiker des FC Rot-weiß seit 1982 unter anderem das Layout für die Programmhefte gestaltete, entwarf aus eigenem Bedürfnis ein neues Symbol des Vereins.
Das alte Logo, seit der Gründung 1966 das Markenzeichen des damaligen Oberligisten, befriedigte ihn nicht. „Aus meiner Sicht war es inhaltlich und formal nicht überzeugend und letztlich falsch.“Was ihn als Grafiker vor allem störte: „Es war von Blau dominiert, obwohl der Verein ja ausschließlich rot und weiß in seinem Namen trägt.“
Zum Heimspiel im Februar 1984 erstmals mit verändertem Logo Raschel entwickelte kurzerhand eine Alternative und investierte dafür unzählige Stunden. Der Rentner, der noch heute in seinem Grafikstudio in Isseroda arbeitet, betrieb umfangreiche Recherchen. Er studierte Vereinswappen nicht nur aus der DDR, sondern aus ganz Europa. Um die Verbindung zur Stadt zu dokumentieren, ließ auch er mit dem Rad und seinen sechs
Speichen das Wappen der Stadt einfließen, verwendete nun allerdings ausschließlich die Farben des Vereins und den Schriftzug FC RWE in schwarzer Farbe. „Entscheidend war auch, dass das Logo technisch universell reproduzierbar sein muss und deshalb nicht zu feingliedrig sein darf“, sagt Raschel, der übrigens auch das damals verwendete Maskottchen „Kiko“entwarf.
Seinen Vorschlag legte er dem damaligen Clubchef Karlheinz Friedrich vor, der seit Oktober 1980 im
Amt war und Rot-weiß langfristig in die Spitze der Ddr-oberliga führen wollte. Der bewilligte das neue Aussehen, so dass die die Veränderung auf den Weg gebracht war. Ob Friedrich sich die Zustimmung der Sed-bezirksleitung einholen musste, ist nicht überliefert, aber denkbar. Im Programmheft zum Heimspiel gegen Magdeburg (3:1) am 25. Februar 1984 wurde schließlich dieses Rwe-symbol erstmals gezeigt. Seitdem ist es zum neuen Markenzeichen des Clubs geworden.
So leicht wie damals lässt sich das Vereinswappen inzwischen aber nicht mehr verändern. In der im Juni 2021 beschlossenen Satzung sind Farbe und Aussehen klar definiert. Einem völlig anderen Aussehen müssten die Mitglieder zustimmen.
Das seit 39 Jahren verwendete Logo dominiert auch die Mitgliederversammlung am kommenden Samstag, nachdem Vorstandssprecher Lars Fuchs den Kontakt zu Grafiker Dieter Raschel aufnahm und von ihm das Emblem mit dem Wort „Mitglied“partiell erweitern ließ. Nun werden zur Zusammenkunft langjährige Mitglieder mit einem RWE-PIN ausgezeichnet, umrahmt von einem Kranz in Gold, Silber oder Bronze.
Raschel begleitet das Logo bis heute beschützend und erhob immer dann Einspruch, wenn es mal verändert dargestellt wurde: „Es ist wie ein Baby, das ich verteidige. Dass es noch heute, nach 39 Jahren, verwendet wird und für den FC Rotweiß steht, darüber freue ich mich.“