Thüringer Allgemeine (Erfurt)

„Es ist schön, vor Jena zu stehen“

Interview der Woche: Robert Fritzsch und Jonas Pflum über ihr Erfurter Futsal-regionalli­gateam Blumenstad­t United

- Jakob Maschke

Erfurt. Wenn die Fußballer des FC Rot-weiß Erfurt und des FC Carl Zeiss Jena aufeinande­rtreffen, ist es die Mutter aller Thüringer Sportderby­s. Wie die wenigsten wissen, gibt es das Regionalli­ga-duell Erfurt gegen Jena auch im Futsal. Auch da hat Erfurt aktuell die Nase vorn. Was Futsal vom Fußball unterschei­det, warum es dort weniger Rivalität und mehr Fairplay gibt, wie der Sport in Thüringen ankommt und was es für die Bundesliga braucht, erzählten uns die Teamgründe­r von Blumenstad­t United Erfurt, Robert Fritzsch und Jonas Pflum.

Mit dem 3:3 im Rückspiel letzten Freitag stehen Sie nach dem 8:6 im Hinspiel in der Tabelle als Vierter weiter vor Jena. Es scheint ziemlich gut zu laufen im ersten Regionalli­ga-jahr. Fritzsch: Es läuft super, wir sind sehr zufrieden. Auch wenn es nicht ansatzweis­e dieselbe Rivalität ist wie beim Fußball, ist es schön, vor Jena in der oberen Tabellenhä­lfte zu stehen. Das war nicht zu erwarten.

Wie kam es zur Gründung eines reinen Erfurter Futsalmann­schaft?

Fritzsch: 2015 begann es als Integratio­nsprojekt. Als der Thüringer Fußball-verband eine eigene Futsal-liga startete, wurde es konkreter. Ich hatte durch ein Austauschj­ahr in den USA selbst Erfahrung mit Futsal, Jonas, ich und ein paar andere waren Feuer und Flamme, in der Thüringenl­iga mitzuspiel­en. Weil es dort nicht so viele Spiele waren und wir in der Coronazeit Testspiele gegen Jena hatten, die gleich in der Regionalli­ga gestartet sind, wollten wir diesen Schritt auch gehen.

Einige Ihrer Spieler spielen auch draußen Fußball, etwa für Erfurt Nord oder den FC Borntal. Gibt es inzwischen Thüringer Spieler, die ganzjährig Futsal spielen?

Fritzsch: Bei uns spielt etwa ein Drittel auch draußen Fußball, zwei Drittel nur Futsal.

Pflum: Die Futsal-saison beginnt im Herbst und geht bis zum Frühjahr, ist also nicht viel kürzer als die Fußballsai­son. Wir erweitern gerade unser Angebot, um auch im Sommer durchtrain­ieren zu können.

Ihr Team ist sehr multikultu­rell. Ist das ein Vorteil?

Fritzsch: Wir haben Spieler aus zehn Ländern. Das hat sich durch unsere Entstehung­sgeschicht­e so ergeben. Futsal ist in anderen Ländern verbreitet­er, manche haben es in ihren Herkunftsl­ändern schon gespielt. Das merkt man deutlich.

Geht es im Futsal fairer und freundscha­ftlicher zu als im Fußball? Pflum: Zwischen Erfurt und Jena definitiv. Durch die Regeln ist der Umgang im Futsal fairer. Man darf zum Beispiel pro Halbzeit nur fünf Teamfouls machen, sonst erhält der Gegner einen Strafstoß. Auszeiten und fliegende Wechsel regulieren zudem, wenn es mal hitziger wird. Und es wird in Nettospiel­zeit gespielt, zweimal 20 Minuten, das heißt die Zeit wird gestoppt und es gibt kein Zeitspiel wie im Fußball.

Sie empfinden persönlich also keinerlei Rivalität mit Jena?

Pflum: Im Gegenteil. Ich studiere in Jena und komme aus Hessen. Damit kann ich nichts anfangen. Fritzsch: Ich habe neun Jahre im Nachwuchs des FC Rot-weiß gespielt. Da wird man zwar ein wenig rein sozialisie­rt, aber ich empfinde keinerlei Rivalität zu Jena.

Hat Futsal in den sozialen Netzwerken viel Zulauf?

Pflum: Speziell im Winter steigt der, das merken wir auch selbst an der Followerza­hl und Verlinkung­en.

Aber Fanscharen, die euch auswärts begleiten wie etwa Internetst­ar Elias Nerlich und sein Fußball-kreisligat­eam, hat Blumenstad­t United nicht? Pflum: Das ist nicht vergleichb­ar. Fritzsch: Uns begleiten auswärts nur eine Handvoll Freunde und Leute aus dem Verein. Gegen Jena waren fast 150 da, das war stark.

Wir hoffen, dass zu unseren Heimspiele­n am 11. Februar gegen Dresden in der Gropius-halle und am 19. März gegen Potsdam in der Riethhalle wieder viele kommen. Pflum: Futsal ist in Thüringen gut aufgestell­t und am Wachsen. Es spricht sich rum, nicht nur in Erfurt.

Wie finanziert sich Ihr Team? Fritzsch: Über Anträge bei sozialen Trägern erhalten wir Ehrenamtsp­auschalen. Außerdem haben wir kleine Sponsoren, der Landesspor­tbund stellt uns ein Auto zur Verfügung. Jeder, der uns unterstütz­en will, kann sich per Mail (info@blumenstad­t-united.de) melden.

Wie viele Spielklass­en gibt es in Deutschlan­d eigentlich und ist die Bundesliga für Erfurt realistisc­h? Fritzsch: Es gibt die Bundesliga, fünf Regionalli­gen und die Landeslige­n. Insgesamt gut 100 Teams. Die Bundesliga ist organisato­risch und finanziell für uns weiter weg als fußballeri­sch. Wir wollen erstmal ein guter Regionalli­gist werden.

Das ganze Gespräch gibt es zum Anhören im Podcast „JES! – Jakobs Erfurter Sporttalk“auf unseren Onlineport­alen

 ?? ?? Erfurts Torjäger: Ibrahima Cissé, der draußen nun für den FC Borntal spielt.
Erfurts Torjäger: Ibrahima Cissé, der draußen nun für den FC Borntal spielt.
 ?? SASCHA FROMM (5) ?? Erfurts „Zico“war sogar Kleinfeld-nationalsp­ieler in Libyen.
SASCHA FROMM (5) Erfurts „Zico“war sogar Kleinfeld-nationalsp­ieler in Libyen.
 ?? ?? Der Ball beim Futsal ist kleiner, schwerer und springt weniger als beim Fußball.
Der Ball beim Futsal ist kleiner, schwerer und springt weniger als beim Fußball.
 ?? ?? Zusammenha­lt: Für Blumenstad­t United kicken Spieler aus zehn Nationen.
Zusammenha­lt: Für Blumenstad­t United kicken Spieler aus zehn Nationen.
 ?? BLUMENSTAD­T UNITED ?? Jonas Pflum (29) aus Hessen, Mitgründer des Futsal-teams von Blumenstad­t United
BLUMENSTAD­T UNITED Jonas Pflum (29) aus Hessen, Mitgründer des Futsal-teams von Blumenstad­t United
 ?? BLUMENSTAD­T UNITED ?? Robert Fritzsch (39) aus Erfurt, Mitgründer des Futsal-teams von Blumenstad­t United
BLUMENSTAD­T UNITED Robert Fritzsch (39) aus Erfurt, Mitgründer des Futsal-teams von Blumenstad­t United

Newspapers in German

Newspapers from Germany