Legendärer Fensterblick
Am 19. März jährt sich Willy Brandts aufsehenerregender Erfurt-besuch zum 53. Mal
Erfurt. Der 19. März 1970 ist weit über Erfurt hinaus ein Tag, an den sich viele Deutsche an Willy Brandt im Erfurter Hof erinnern. Zahlreiche Geschichten ranken sich auch um Friseurinnen, die ihre shampoonierten Gäste am Waschbecken haben sitzen lassen, um am Bahnhofsplatz nur einen kleinen Blick auf den Bundeskanzler zu erhaschen. Und auch die ehemaligen Mitarbeiter des Hotels gegenüber dem Hauptbahnhofs erzählen immer wieder Anekdoten, wie es eigentlich war, einen so hohen Gast im Haus zu haben.
Oberkellner erinnert sich an historisches Menü
Die letzten mehr als 50 Jahre haben immer wieder neue Aspekte des Großereignisses hervorgebracht und nicht nur Fragen gestellt, sondern sie auch beantwortet. So wurde untersucht, wie die Beamten der Staatssicherheit mit dem Polit-treffen von Willi Stoph und Willy
Brandt umgegangen sind und was die Erfurter damals alles taten, um dem gewichtigen Treffen beizuwohnen. Wortwörtlich leichtere Kost bekamen diejenigen serviert, die sich immer fragten, was der Kanzler wohl gegessen habe, denn hier konnte der ehemalige Hoteloberkellner Harald Roggensack Auskunft geben, als er die Speisekarte des Tages wiederfand: Schinkenschaumbrot Berolina, Harzer Bachforelle und Dummersdorfer Mastkalbskotelett, Wodka und Rotkäppchen halbtrocken ist hier die Antwort, die einen weiteren Baustein im Besuch Willy Brandts in Erfurt bildet.
Und schließlich hat auch der Leuchtschriftzug auf dem ehemaligen Hotelgebäude seine ganze eigenen Geschichte. „Willy Brandt ans Fenster!“ist zumindest der Ausruf, der heute immer noch vielen Bürgern der Landeshauptstadt durch den Kopf geht, wenn es um den 19. März geht. Außerdem ist es die erste Begrüßung, die Reisende bei der Ankunft am Bahnhof in Erfurt sehen. Und das sogar an jedem Tag. kkroe