Historische Waldbesitze von Erfurt
Warum Wissenschaftler beim Studieren wertvoller Exemplare der Sondersammlung der Erfurter Uni-Bibliothek keine Handschuhe tragen müssen und sich über Schmierereien auf den Seiten freuen
Mit einem vernehmbaren Summen öffnet sich die Eisengittertür. Dahinter dicht aneinandergereiht: Bücher. Dabei handelt es sich nicht um irgendwelche, sondern um die Sondersammlung der Erfurter Universitätsbibliothek. Zutritt erhält man nur mit einer Begründung. Hier stehen die alten Drucke, das heißt: zum Teil Werke aus den frühen Tagen des Buchdrucks.
„Wir haben nach Formaten aufgestellt, damit man den Platz besser berechnen konnte“, erklärt Katrin Ott, die seit Januar dieses Jahres die neue Leiterin des Bereichs Sondersammlungen der Universität ist. Denn Größen gibt es viele. Sie zeigt auf einen liegenden Band auf einem der unteren Regalbretter. Der sei zum Beispiel zu groß, um ihn aufrecht zu lagern. „Manche der Drucke sind bis zu 70 Centimeter hoch“, sagt sie.
Die Sondersammlungen beinhalten allein rund 6000 Drucke aus dem 17. Jahrhundert, die es nirgendwo anders gibt. Darunter medizinische, theologische und philosophische Schriften, hauptsächlich auf Latein.
Der Grundstein für die Sammlung wurde allerdings von dem Mediziner Amplonius Rating De Berka gelegt. Dieser begann im Laufe des frühen 15. Jahrhunderts Handschriften zu sammeln und überließ im Jahr 1412 mehr als 600 Exemplare als Schenkung der Bibliothek des Collegium Porta Coeli, das der alten Universität Erfurt zugehörig war.
„Das Colleg hatte dann eine Regelung, dass jeder Student nach seinem Abschluss einen Druck spenden sollte“, erklärt Katrin Ott. Auf diese Weise sei die Bibliothek nach den Schenkungen immer weiter gewachsen. Die „Bibliotheca Amploniana“bildet auch heute noch mit inzwischen 979 Handschriften den wertvollen Kern der Sondersammlung. Die Universitätsbibliothek bewahrt die Büchersammlung als Dauerleihgabe der Stadt Erfurt auf und erforscht die alten Bände.
Besonders sind allein schon die Einbände der alten Bücher. Katrin Ott nimmt ein Exemplar aus dem Regal und hält es zur Veranschaulichung hoch. Vorder- und Rückseite sind mit feinsten Verzierungen versehen. Auch darum soll der Originalzustand so lange wie nur irgend möglich erhalten werden.
Es ist also kein Zufall, dass bei vielen Werken der Einband schon halb zerfallen ist und nur noch in einzelnen Schnipseln zusammenhängt. Kümmern sich Restauratoren um diese Bücher, dann reparieren sie nur das Nötigste. Katrin Ott zeigt einen schmalen, scheinbar nagelneuen Band. Schlägt man ihn auf, kommen die alten Seiten zum Vorschein. Es handele sich um ein Beispiel für eine sogenannte Überrestaurierung.
Doch auch das Innenleben des gezeigten Buches ist erstaunlich: Eine der ersten Seiten ist geschmückt mit dem Porträtbild eines Gelehrten. Dann folgt das erste Kapitel sorgfältig und in kleiner Schrift gedruckt, alles in Latein. Dafür ist an den Seitenrändern genügend Platz, dort stehen in kaum leserlicher Schrift Anmerkungen. Doch das stört die Leiterin der Sondersammlung nicht, ganz im Gegenteil: „Es war üblich, dass in die Bücher reingekrakelt wurde – dadurch können wir ja erst den Gedankengang von früheren Lesern, wie auch Amplonius selbst, nachvollziehen.“
Die Handschriftensammlung steht im Sonderlesesaal, der sich im zweiten Stock der Universitätsbibliothek befindet. Dafür müssen Besucher durch eine Schleuse aus gleich zwei Türen. Hierher kommt man nur mit guter Begründung. „Wir wägen dann ab, ob jemand die Handschriften wirklich sehen muss, oder ob eine digitalisierte Version reicht“, sagt Katrin Ott. Untersucht jemand die Wasserzeichen in einem Band, ist das ein Fall für einen Besuch der Bibliotheca Amploniana. „Die Profis tragen bei uns aber keine Handschuhe“, denn dabei gehe viel an Haptik und Feingefühl verloren.
Für die Handschriften, wie auch für einige gedruckte Exemplare hat man Tierhäute verwendet. Abnutzungsstellen lassen manchmal darauf schließen, dass Seiten bereits vorher einmal beschrieben waren und der ursprüngliche Inhalt abgekratzt wurde.
Nicht nur das, auch die Beschaffenheit des Pergaments erzählt eine Geschichte: „Wenn man diese Follikelstrukturen so deutlich sieht, dann war es eine schlechte Pergamentqualität“, so die Leiterin der Sondersammlungen und zeigt auf eine der Seiten.
elagert werden die sensiblen Bände – Drucke und Handschriften – übrigens bei einer konstanten Temperatur von 17 Grad Celsius und möglichst dunkel. Dem Tageslicht sollen sie nicht zu lange ausgesetzt sein, deswegen dürfen sie auch zu Forschungszwecken nur maximal 10 Tage am Stück benutzt werden.
Der Zugang zur Handschriftensammlung wird in Zukunft deutlich einfacher sein: Sie wird nämlich gerade in Zusammenarbeit mit dem Handschriftenzentrum der Universitätsbibliothek Leipzig erschlossen und mit Unterstützung der Thüringer Universitätsund Landesbibliothek in Jena digitalisiert. Geruch und das Gefühl von jahrhundertealtem Pergament können das Internet aber nicht transportieren.
Erfurt. Der Autor Reiner Klein erforscht die alte Geschichte Thüringens. Nach den Büchern „Der Freiwald in Thüringen“(Mitautor) und der „Ortsgeschichte von Grabsleben“veröffentlicht er jetzt das Buch „Alte Waldgerechtigkeiten von Erfurt seit dem Mittelalter“.
Im Vorwort schreibt der Autor: „Im Thüringer Wald existierten verschiedene Waldbesitzungen von Klöstern, dem Deutschen Orden, der Stadt Erfurt und verschiedener Dörfer. Hierbei ging es um den freien Bezug oder den Erwerb von Bau- und Brennholz. Wie war die Vergabe in den noch weiten Wäldern durch Könige und Kaiser vor 1000 oder 1200 Jahren oder später
Es war üblich, dass in die Bücher reingekrakelt wurde – dadurch können wir ja erst den Gedankengang von früheren Lesern nachvollziehen.
Katrin Ott, Leiterin des Bereichs Sondersammlungen der Erfurter Universität
Gdurch Land- und andere Grafen, Churfürsten sowie Bischöfe und Äbte?“
Die Broschüre solle Einblick in die unterschiedlichen historischen Waldgerechtigkeiten Erfurter Klöster und der Stadt Erfurt mit ihren Grenzen gewähren, schreibt Reiner Klein weiter.
Das Taschenbuch hat 130 Seiten umrahmt von 106 Abbildungen. Herausgeber des Buches ist der Verein für Heimatgeschichte und Archäologie St. Johannes Altenbergen / Catterfeld e.V. und erschienen im Verlag Rockstuhl, ISBN: 978-395966-692-3, Preis 17,95 Euro und erhältlich in allen Buchhandlungen. red