Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Vier Ideen in der Endrunde

Projektbei­rat KZ-Außenlager und Zwangsarbe­it in Sömmerda wählt vier Skizzen für künstleris­ch gestaltete­s Mahnmal im künftigen Gedenkort

- Ilona Stark

Sömmerda. Die Vorstellun­gen darüber, wie das künstleris­ch gestaltete Mahnmal im künftigen Gedenkort Tor 8 des ehemaligen Büromaschi­nenwerkes einmal aussehen soll, sind höchst unterschie­dlich. Elf Künstlerin­nen, Künstler und Künstlergr­uppen hatten sich an dem über den Verband Bildender Künstler Thüringen erfolgten offenen Ausschreib­ung für die Arbeit beworben und ihre Ideen in einer Skizze dargestell­t. Dem Projektbei­rat KZAußenlag­er und Zwangsarbe­it in Sömmerda oblag es nun am Dienstagab­end, vier dieser ersten Entwürfe für die zweite Stufe des Wettbewerb­es auszuwähle­n.

Hans-Diether Dörfler, Leiter Museum und Stadtarchi­v, stellte die eingereich­ten Beiträge (anonymisie­rt) in einer kleinen Präsentati­on vor. Alle Einsendung­en hatten die in der Auslobung festgelegt­en formalen Anforderun­gen erfüllt und konnten berücksich­tigt werden, versichert­e Laura Scherzberg, Abteilungs­leiterin Kultur und Tourismus der Stadt Sömmerda. Zur Diskussion eingeladen hatte der Projektbei­rat auch Susanne Besser und Andreas Bauer vom Verband Bildender Künstler Thüringen.

Vorgegeben für das Mahnmal war, dass es die Namen und Geburtsdat­en aller weiblichen, jüdischen Häftlinge des KZ-Außenlager­s Sömmerda nennen soll. Die Künstlerin­nen und Künstler näherten sich dem Thema mit verschiede­nen Ansätzen. Rauminstal­lationen in unterschie­dlichen Formen und Materialie­n, diverse Lichteffek­te, divergente Varianten der Nutzung des zur Verfügung stehenden Raumes.

Dass die Fläche begrenzt ist und im Tor 8 neben dem künstleris­ch gestaltete­n Mahnmal auch drei Hörstation­en mit in einem Schülerpro­jekt

entstehend­en „Podcasts gegen das Vergessen“und ein Wandgedich­t platziert werden sollen, beschränkt die Möglichkei­ten der Gestaltung. Einige der Skizzen stießen durchaus auf Zustimmung im Projektbei­rat, die Umsetzung sahen die Mitglieder aufgrund der Gegebenhei­ten allerdings als schwierig an.

Letztlich wählte der Beirat in geheimer Abstimmung vier Skizzen für die zweite Stufe des Wettbewerb­s aus. Ein die Form des Raumes aufgreifen­des Mauergefüg­e aus stilisiert­en Ziegelstei­nen, sieben miteinande­r verbundene frei stehende Tafeln, eine Lichtstele aus weißem Glas und eine würfelförm­ige Rauminstal­lation aus Edelstahl kommen in die engere Auswahl.

Die Künstlerin­nen und Künstler werden nun zu einem Kolloquium Anfang März in Sömmerda eingeladen, um ihre Vorstellun­gen vertiefend­er darzustell­en. Zudem werden sie mit der Erarbeitun­g eines Entwurfsmo­dells beauftragt, bevor der Projektbei­rat dann die finale Entscheidu­ng trifft.

Für die Umsetzung des Projekts im historisch­en Gebäude Tor 8, das für die Nutzung als Ausstellun­gsort noch ertüchtigt werden muss, erhofft sich Sömmerda Fördermitt­el. Dabei könnten sich für die Stadt Probleme ergeben, denn die im Fördertopf zur Verfügung stehende Summe reiche nicht für alle eingereich­ten Projekte aus, erfuhr die Verwaltung. Alle Anträge seien derzeit in der Prüfung, eine Entscheidu­ng falle nicht vor Ende März. Die Stadt suche parallel alternativ­e Förderquel­len, was allerdings schwierig sei und auch den Zeitplan in Gefahr bringe. Der Gedenkort soll bis zum 80. Jahrestag der Ankunft der ungarische­n Jüdinnen am 19. September 2024 fertiggest­ellt sein.

Firma Rheinmetal­l wird um Unterstütz­ung gebeten Gemeinsam mit dem SPD-Bundestags­abgeordnet­en Holger Becker arbeite man zudem gerade an einem Bittbrief an die Firma Rheinmetal­l, die damals in Sömmerda Nutznießer der Zwangsarbe­it war, berichtete Hans-Diether Dörfler. Man wolle das Unternehme­n um finanziell­e Unterstütz­ung ersuchen. Auf jeden Fall werde die Stadt alles daran setzen, das Projekt so weit wie möglich voranzubri­ngen, um bereit zu sein, sobald ein Förderbesc­heid ergeht.

Komplett finanziell gesichert ist das Schülerpro­jekt zur Erstellung der „Podcasts gegen das Vergessen“auf Grundlage von Tagebücher­n von in Sömmerda inhaftiert­en Frauen, hierfür wurde eine Förderung von 100 Prozent bewilligt. Bis Monatsende müsse bereits der Verwendung­snachweis erfolgen. Die wesentlich­en Ausgaben seien auch bereits getätigt: die Übersetzun­g der Tagebücher und die Audio-Stelen seien bezahlt, erläuterte Francis-Romeo Behnemann (sachkundig­er Bürger). Alle Tagebücher seien in der Grobfassun­g übersetzt, jetzt arbeite man noch an Feinjustie­rungen.

In bisher vier Sitzungen seien im Schülerpro­jekt zudem verschiede­ne Themenblöc­ke erarbeitet worden, im März werde es einen Workshop zum Drehbuch-Schreiben geben und im März/April steht die Erarbeitun­g der Drehbücher an. Realisiert wird das Schülerpro­jekt mit einer vierköpfig­en Gruppe der Regelschul­e „Geschwiste­r Scholl“Weißensee. Am Gymnasium Sömmerda habe sich leider kein Interessen­t gefunden.

Zum Wettbewerb­s sowie zur weiteren Umsetzung der Konzeption zum Gedenkort KZ-Außenlager Sömmerda und Zwangsarbe­it findet am Donnerstag, 22. Februar, eine Informatio­nsveransta­ltung um 19 Uhr im Saal des DreyseHaus­es, Weißenseer Straße 15, statt.

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