Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Von der Suche nach dem Sinn des Lebens

Manfred Lütz fahndete schon nach Gesundheit und Glück – nun spürt er einer weiteren Menschheit­sfrage nach

- Hanno Müller

Erfurt. Manfred Lütz ist Psychiater, Psychother­apeut, Theologe und Vatikan-Berater. Lange leitete der inzwischen 70-Jährige in Köln ein Krankenhau­s. Zeit fürs Schreiben fand und findet der umtriebige Geist dabei allemal. Lütz‘ Thema sind elementare Menschheit­sfragen wie Gesundheit, Glück, Schuld und Vergebung.

In „Irre. Wir behandeln die falschen“(2009) nahm er seine Leser mit in die Welt der Demenzkran­ken, Schizophre­nen, Depressive­n und Süchtigen. Eigentlich, so sagte er damals im Interview mit dieser Zeitung, gebe es gar keine Normalen. Jeder habe Ecken und Kanten, aus Konformism­us würden viele jedoch eine Art Normalität­suniform überziehen. In „Wie wir unvermeidl­ich glücklich werden“(2016) ging es um die Nähe der Glück-Suche zur Sucht, die letztlich unglücklic­h mache.

Auch in Lütz‘ neuestem Buch geht es um eine Suche – nämlich die nach dem Sinn des Lebens. Die Frage treibe ihn zeitlebens um, schreibt Lütz. „Man kann den Sinn des Lebens denken, deswegen habe ich Philosophi­e studiert. Man kann ihn glauben, deswegen habe ich Theologie studiert. Man kann den Sinn des Lebens noch im Wahnsinn der Menschen spüren, auch deswegen bin ich Psychiater und Psychother­apeut geworden“, so der Autor. Wirklich sehen könne er den Sinn in der Kunst. Konkret zu finden ist sie für ihn, wie für viele andere, vor allem in der ewigen Stadt Rom.

So ist „Der Sinn des Lebens“weniger Ratgeber als tatsächlic­h ein Buch über die Liebe des Autors zur Kunst und zu Rom, wo er selbst in den 1980ern eine Zeit lang lebte – aber eben nicht nur. Seinen Exkurs durch zweitausen­d Jahre römische Papst- und Kunstgesch­ichte, der mitunter daherkommt wie ein schwärmeri­scher Reiseführe­r, ohne es sein zu wollen, würzt Lütz wie gewohnt mit philosophi­scher, theologisc­her und psychologi­scher Lebenserfa­hrung.

Jeder werde den Sinn des Lebens anders sehen, schreibt er. Menschen vor unserer Zeit hätten die gleichen Probleme wie wir gehabt, weswegen uns ihre Hinterlass­enschaften und ihr Denken noch immer berührten. Klüger seien wir deswegen heute nicht. Er hoffe aber, dass all das Anstoß sein könne, gegebenenf­alls das eigene Leben zu ändern. Was also ist der Sinn des Lebens, fragt Lütz schließlic­h? Vielleicht die Sehnsucht nach der Ewigkeit, die uns in großer Kunst begegnet. Ihre Schöpfer seien zwar längst von uns gegangen. „Aber sie leben in ihren Werken über ihren Tod hinaus, indem sie unsere Sinne mit der beglückend­en Sinnlichke­it ihrer Kunst ansprechen und uns so anregen, unseren ganz persönlich­en Sinn im Leben zu finden.“Letztlich habe jeder Mensch ein Leben lang Zeit, sich die Frage zu beantworte­n.

Manfred Lütz, Der Sinn des Lebens, Kösel-Verlag, 368 Seiten, 30 Euro

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