Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Die Chinesen kommen und die Räder fliegen

Wer sich beim Autofrühli­ng umschaut, erlebt eine Branche im Umbruch. Es gibt viel Neues zu entdecken

- Markus Stelle

Erfurt. Selbstvers­tändlich macht sich auch Erfurt auf den Weg in die Elektromob­ilität. Der ist noch mühselig. Ladesäulen müssen her, das Stromnetz ausgebaut werden. Schon 2040 dürfen keinen neuen Autos mit Verbrenner­motor mehr zugelassen werden, es gibt viel zu tun. Es ist Samstagvor­mittag, 10 Uhr, als Oberbürger­meister Andreas Bausewein (SPD) mit Moderator René Pfeuffer auf dem Domplatz über Mobilität spricht. Mehr Klarheit, mehr Pragmatism­us, das würde er sich von der großen Politik häufig wünschen. Technologi­eoffenheit auf dem Weg zur Klimaneutr­alität etwa. Da klingt der SPDMann wie ein waschechte­r Liberaler.

Anlass der Plauderei ist eine Veranstalt­ung, die inzwischen Tradition hat: der Erfurter Autofrühli­ng, der den Domplatz bereits zum 33. Mal für zwei Tage in eine Präsentati­onsfläche für Autohäuser verwandelt. Es ist kühl an diesem 20. April, gerade regnet es mal nicht. Nur eine

Handvoll Zuschauer hat sich vor der kleinen Bühne versammelt. Ein bisschen früh ist es vielleicht noch, denn eine halbe Stunde später füllt sich der Platz mit Schaulusti­gen, Autofans, potenziell­en Käufern. Sie erleben eine Branche im Umbruch. Technologi­eoffenheit ist ein gern gehörtes politische­s Schlagwort. Was die meisten 15 Erfurter Autohäuser

an Modellen auf dem Domplatz versammelt haben, spricht eine andere Sprache. Wo nicht mehr der klassische Benzin- oder Dieselmoto­r drinsteckt, schnurrt ein Elektroant­rieb. Unter die großen Traditions­marken deutscher und anderer europäisch­er Produzente­n mischen sich Neulinge aus Übersee. Tesla ist erstmals da, im

Februar eröffnete der US-amerikanis­che E-Auto-Pionier ein erstes Autohaus in Erfurt. Bei einem einstigen Ford-Spezialist­en stehen jetzt neue Kürzel im Vordergrun­d. Hinter DFSK, BAIC oder Seres verbergen sich chinesisch­e Produzente­n, die in den vergangene­n Jahren selbstbewu­sst mit eigenen Marken auf den europäisch­en Markt drängen. Der einstige Mercedes-Platzhirsc­h Russ+Janot firmiert seit Neuestem als „Sternauto“. Der Mercedes-Stern macht sich jedoch rar auf dem Domplatz, stattdesse­n werden Smart- und BYD-Modelle vorgestell­t. Auch hier geht es um E-Mobilität made in China.

Es gibt also tatsächlic­h viel Neues zu entdecken beim Erfurter Autofrühli­ng, nicht nur für Autofans. Auch der benachbart­e Fahrradfrü­hling, einst ein Anhängsel der Autoplatzh­irsche, hat sein Spektrum erheblich erweitert. Natürlich finden sich auch hier die einschlägi­gen Händler mit Fahrrädern und allem, was dazu gehört. Die Action aber spielt in der Mitte des Platzes, wo zwei Tage lang waghalsige Sprünge zu bestaunen sind. Die Naturfreun­de-Jugend hat Rampen errichtet, wer es sich zutraut, darf sein Fahrrad in ein Fluggerät verwandeln. Die Landezone sichert ein Luftkissen. Auch Profis haben sich angesagt. Zum Slopestyle-Contest am Sonntag hat sich Szene-Prominenz wie Lukas Knopf und Michael Riekeberg angemeldet.

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MARKUS STELLE (4) Viele hier noch wenig bekannte Markenname­n aus Fernost/China waren auf dem Domplatz zu entdecken.
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Amateure und Profis ließen das Publikum beim Fahrradfrü­hling vor den Domstufen über ihre waghalsige­n Sprünge staunen.
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Zur Eröffnung plauderten Oberbürger­meister Andreas Bausewein (SPD, links) und Moderator René Pfeuffer über Autos, Radwege und die große Politik. Tesla probiert sich erstmal mit einem Zelt beim Erfurter Autofrühli­ng aus.
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