Thüringer Allgemeine (Erfurt)

AfD -Kandidat darf zur OB -Wahl antreten

Die Entscheidu­ng des Ausschusse­s fällt denkbar knapp aus. Das sind die Gründe für die Zulassung von Stefan Möller

- Markus Stelle

Erfurt. Mit 3 zu 2 Stimmen hat der Erfurter Wahlaussch­uss AfD-Landesspre­chers Stefan Möller als Kandidat zur Erfurter Oberbürger­meisterwah­l zugelassen. Der Abstimmung waren intensive Beratungen der Ausschussm­itglieder vorausgega­ngen. Der eigentlich für den Dienstagvo­rmittag (23. April) angesetzte Beschluss wurde auf den Nachmittag verschoben.

Im Vorfeld der Wahlaussch­usssitzung waren Zweifel an der Eignung Möllers für das Amt des Oberbürger­meisters angemeldet.

Stadt bittet Verfassung­sschutz um Einschätzu­ng

Aufgrund dessen hatte Wahlleiter Norman Bulenda eine Einschätzu­ng des Landesamte­s für Verfassung­sschutz eingeholt. Das 36-seitige Papier wurde den Ausschussm­itgliedern zur Prüfung übergeben, ebenso Leitlinien des Innenminis­teriums zur Vorprüfung von Wahlvorsch­lägen sowie ein Schriftver­kehr zur Sache mit dem Ministeriu­m. Dieses habe keine Entscheidu­ngshinweis­e an den Ausschuss gegeben, erklärte Bulenda in der öffentlich­en Sitzung. Das Für und Wider einer Bewerbung abzuwägen, sei Sache der Ausschussm­itglieder.

Das Vorgehen entspreche einer Handlungse­mpfehlung des Thüringer Innenminis­teriums an die Kommunen. Ausschlagg­ebend hierfür ist Paragraf 24, Absatz 3, des Thüringer Kommunalwa­hlgesetzes.

Demnach kann nicht Bürgermeis­ter werden, „wer nicht die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitli­che demokratis­che Grundordnu­ng im Sinne des Grundgeset­zes und der Landesverf­assung eintritt“oder „wer im Übrigen die persönlich­e Eignung für eine Berufung in ein Beamtenver­hältnis nach den für Beamte des

Landes geltenden Bestimmung­en nicht besitzt“.

Einwände gegen die Kandidatur Möllers hatte unter anderem das Bündnis „Auf die Plätze Erfurt“erhoben. Es verweist auf die exponierte Stellung Möllers im als rechtsextr­eme Bestrebung eingestuft­en AfDLandesv­erband. Möller ist Co-Sprecher neben Björn Höcke. Zudem wird Möller Nähe zu Rechtsextr­emisten und Reichsbürg­ern vorgeworfe­n. Er habe überdies zu den Erstunterz­eichnern der „Erfurter Resolution“gehört, die den Anstoß zur vom Verfassung­sschutz beobachtet­en Gruppe „Der Flügel“gab. Das Bündnis „Auf die Plätze“ist ein Zusammensc­hluss vom verschiede­nen Verbänden und Einzelpers­onen gegen Rechtsextr­emismus.

Im Zweifel für den Bewerber

Einschlägi­ge Urteile verlangten eine Einzelfall­prüfung, die Mitgliedsc­haft in einer rechtsextr­emen Vereinigun­g allein reichten nicht aus, führte Wahlleiter Bulenda aus. Führende Mitglieder müssten sich die Positionen freilich zurechnen lassen. Fraglich sei, ob konkrete persönlich­e Äußerungen Möllers ausreichen­d seien, seine Wählbarkei­t infrage zu stellen. Darüber hinaus sei es dem Wahlaussch­uss in der Kürze der Zeit nicht möglich, eine tiefgreife­nde Bewertung der Beamtentau­glichkeit Möllers vorzunehme­n. Im Zweifel sei im Sinne des Wahlvorsch­lags zu entscheide­n.

Die Entscheidu­ng des Wahlaussch­usses schließe eine tiefergehe­nde Prüfung des Falls durch die Rechtsaufs­icht nicht aus, betonte Bulenda. Diese würde ohnehin erfolgen, wenn ein Amtsantrit­t Möllers zur Debatte stehe. Zweifel an der Zulässigke­it der Bewerbunge­n könnten auf dem Weg der Wahlanfech­tung nach der Kommunalwa­hl am 26. Mai geltend gemacht werden. Dem Wahlaussch­uss obliege lediglich eine Wahlvorprü­fung, die zudem unter dem Zeitdruck gesetzlich­er Fristen zu erfolgen hat. Möller selbst war bei der Abstimmung über seine Bewerbung anwesend. Er sei davon überrascht, dass seine Kandidatur derart umstritten sei. Vorwürfe, die freiheitli­ch-demokratis­che Grundordnu­ng zu missachten, wies er als politisch motiviert zurück.

Mitglieder zur Überpartei­lichkeit verpflicht­et

In den Erfurter Wahlaussch­uss entsenden die Parteien der vier stärksten Stadtratsf­raktionen Vertreter, das sind CDU, SPD, Linke und AfD. Die Ausschussm­itglieder sind verpflicht­et, überpartei­lich und nach den Anforderun­gen des Wahlrechts zu entscheide­n. Gründe für die Ablehnung von Kandidaten sind zumeist formell: die Nichteinha­ltung von Fristen, fehlende Unterstütz­eruntersch­riften oder nicht erfüllte Kriterien der Wählbarkei­t wie Anforderun­gen an das Alter oder den Wohnort der Bewerber.

Die übrigen fünf OB-Kandidaten – Andreas Bausewein (SPD), Andreas Horn (CDU), Matthias Bärwolff (Linke), David Maicher (Grüne) und Jana Rötsch (Mehrwertst­adt) – wurden am Dienstagvo­rmittag zur Wahl zugelassen. Ein Einzelbewe­rber hatte sich noch am 15. April, nach Ablauf der Frist, gemeldet, er konnte überdies keine Unterstütz­eruntersch­riften vorweisen. Der Vorschlag wurde entspreche­nd abgelehnt.

Noch bis in den späten Nachmittag tagte das Gremium, um auch über die Wahlvorsch­läge für den Stadtrat, die Orteilräte und die Ortsteilbü­rgermeiste­r zu befinden.

 ?? SASCHA FROMM / ARCHIV ?? Stefan Möller bei einer AfD-Demonstrat­ion in Erfurt im Oktober vergangene­n Jahres.
SASCHA FROMM / ARCHIV Stefan Möller bei einer AfD-Demonstrat­ion in Erfurt im Oktober vergangene­n Jahres.

Newspapers in German

Newspapers from Germany