„Nach dem zweiten Film flogen Eier“
Museum Zeulenroda widmet einem der letzten mobilen Filmvorführer einen Abend
Zeulenroda. Die politische Mitarbeiterin hat fünf vietnamesische Kurzfilme zusammengestellt. Was Filmvorführer Siegfried Scheuerl gleich skeptisch werden lässt. Er schaut noch mal im Filmlager nach, doch auch dort findet sich nichts Unterhaltsames in Kurzfilmlänge. Also zeigt er wider besseres Wissen bei einer Filmdisko in Göttendorf Ende der 1970er-Jahre die sozialistischen Kurzfilme aus dem asiatischen Bruderland.
„Nach dem zweiten Film flogen Eier“, erinnert sich der heute 84-jährige Zeulenrodaer schmunzelnd. Selbst der Bürgermeister habe damals geschimpft: „Mensch, wir haben Kirmes.“Scheuerls Kollege schickt ihn kurzerhand nach Hause. Doch auch das stellt sich als schwierig heraus. Das Festvolk hat bei seiner Schwalbe die Reifen zerstochen.
Aufgepäppelt als Frühchen in der wärmenden Backröhre Siegfried Scheuerl war einer der letzten festangestellten mobilen Filmvorführer Deutschlands. Und in aller Regel war er dank seines Humors beim Kinopublikum auch sehr beliebt. Im Jahr 1990 setzte ihm der hessische Dokumentarfilmer Thomas Frickel sogar ein Denkmal: Das Kurzfilmporträt „Der Kinomann“über eine der letzten Film-Touren Scheuerls wurde seinerzeit sogar für den Deutschen Kurzfilmpreis nominiert. Am Freitag, 17. Mai, kommt Frickel ins Städtischen Museum Zeulenroda, um mit dem einstmaligen Vorführer über die Entstehungsgeschichte und das Wirken als fahrender Kinomann zu sprechen. Im Anschluss wird der 15-minütige Dok-Film gezeigt.
Geboren wurde Siegfried Scheuerl 1939 in Schlesien. Als Frühchen wiegt er damals gerade mal 1575 Gramm. „Meine Großmutter päppelte mich in der Backröhre auf“, erzählt er. Die Schule verlässt er „wegen Russisch“schon in der siebten Klasse. Und auch seinen erlernten Beruf als Polsterer kann er – aus gesundheitlichen Gründen – nicht ausüben. Da trifft es sich gut, dass er nach einem Lehrgang als Vorführer beim Landfilm im Großraum Zeulenroda anfangen kann. Bei den Kino-Abenden seines Heimatdorfes Kleinwolschendorf hatte er sowieso schon immer ausgeholfen. Während der Vorführapparat mit dem Zug in die Dörfer transportiert wird, reist er mit Moped an. Auf dem Zweirad-Anhänger bringt er meist die Filmrollen mit.
1970 erhält er dann eine Stelle im Kino Triebes, 1980 wechselt er in die Kinohalle im Bungalowdorf Zadelsdorf an der Talsperre Zeulenroda. Zwischendurch arbeitet er aber auch weiterhin für den Landfilm, zeigt Filme in Kindergärten und Schulen, bei Kampfgruppen und in Betrieben. Dabei versucht er stets den Spagat zwischen parteipolitischen Vorgaben und dem Wunsch nach Unterhaltung. Dafür notiert er auch schon mal einen falschen Filmtitel, um dann heimlich doch „Didi auf vollen Touren“zu zeigen.
Kurz vor der Wende wechselt Siegfried Scheuerl in die Lichtspiele Erholung Zeulenroda. Doch das Kino schließt 1991. „Ich habe quasi damals das Licht ausgemacht“, sagt er. Noch heute besitzt er zwei 16Millimeter-Projektoren und eine Stummfilmanlage mit 80 Stummfilmen. Auch wenn er danach andere berufliche Wege einschlug. Ganz hat ihn das Kino bis heute nicht losgelassen.
Für das Filmgespräch am Freitag,
17. Mai, 19 Uhr wird um Voranmeldung unter Tel. 036628 / 64135 gebeten.