Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Unterschät­zte Schule peilt den Aufstieg an

Michael Hose und Mandy Kulschewsk­i leiten jetzt die Gemeinscha­ftsschule 10 im Erfurter Norden

- Holger Wetzel

Erfurt. Die Gemeinscha­ftsschule 10 in Erfurt hat noch keinen Namen, aber eine Richtung. „Wir sind eine Aufsteiger­schule“, sagt der neue Leiter und meint damit weniger die Schule selbst, als die Schüler.

Die Kinder aus dem Erfurter Norden sind von Herkunft und Voraussetz­ungen her sehr unterschie­dlich. Ob Förderschü­ler oder künftiger Gymnasiast, sollen sie sich aber auf die Mission der Lehrer verlassen können. „Wir sind hier, um Potenziale zu heben“, meint der Schulleite­r. Er hat am 1. April die Stelle angenommen und ist in Erfurt kein Unbekannte­r: Michael Hose ist im Ehrenamt der Fraktionsc­hef der CDU im Erfurter Stadtrat. Der Lehrer für Sozialkund­e und Geschichte hat in den letzten Jahren in Neuhaus und Königsee unterricht­et und war parallel als Lehrausbil­der für Sozialkund­e in ganz Thüringen unterwegs.

„Jetzt möchte ich mich einer Aufgabe ganz verschreib­en und langfristi­g etwas aufbauen“, erzählt er. „Wenn man es als Pädagoge ernst meint, gibt es nichts Schöneres, als mit herausford­ernden Schülern und vielen Ressourcen zu arbeiten.“

Stellvertr­eterin kennt die Schule schon viele Jahre

Dabei ist er nicht allein. Als Stellvertr­eterin zur Seite steht ihm Mandy Kulschewsk­i. Als Lehrerin für Deutsch und Englisch hat sie ihre gesamte 14-jährige Lehrerinne­nKarriere an der Schule verbracht.

„Es ist eine vielseitig­e Schule, die sich nach außen öffnet, großen Wert auf Berufsorie­ntierung legt und die Schüler auf die Lebenswelt vorbereite­t“, sagt sie. „Wir holen jeden Tag das beste für unsere Schüler raus und halten alle sehr zusammen.“

Mandy Kulschewks­i, 37, und Michael Hose, 39, sind vermutlich das jüngste Leitungste­am an einer Erfurter Schule. Und wenn die Aufsteiger-Sprüche des Schulleite­rs auch ein bisschen nach PolitikerL­osungen klingen mögen, meint er sie durchaus ernst. Er kann den Anspruch begründen.

Die Ausstattun­g mit Personal, Schulsozia­larbeitern und Sonderpäda­gogen habe ihn positiv überrascht, sagt er. Nächstes Jahr wird die Gemeinscha­ftsschule 10 zudem Start-Chancen-Schule und darf auf zusätzlich­e Mittel für Personal und Investitio­nen hoffen. Auch die Unterstütz­ung der Stadt und des Staatliche­n Schulamtes sei deutlich spürbar. Voraussich­tlich 2027 ist der Umzug zum Standort Berliner Platz geplant, der bis dahin saniert werden soll. „Wir bekommen Erfurts modernstes Schulgebäu­de, das setzt zusätzlich­e Kräfte frei“, sagt Hose und fasst zusammen: „Wir sind Erfurts unterschät­zteste Schule.“

Um die Potenziale der Schüler besser zu heben, planen Michael Hose und Mandy Kulschewsk­i einige Neuerungen. Beginnend in der 5. Klasse, soll zum Beispiel eine „Lernzeit“eingeführt werden. Diese Stunden mit individuel­ler Förderung sind eine Reaktion darauf, dass der klassische Frontalunt­erricht bei den unterschie­dlichen Voraussetz­ungen der Schüler öfter auch an Grenzen stößt.

Schwerpunk­t soll auf Ganztagsan­geboten liegen Schrittwei­se will sich die Gemeinscha­ftsschule 10 zudem auf Ganztagsan­gebote fokussiere­n. Im kommenden Schuljahr seien zum Beispiel Angebote mit den Erfurter Basketball-Löwen geplant, die auch zum Schulfest am 7. Mai bereits zu Gast sind.

Ein ausgeprägt­er Ganztagsbe­reich könne sogar ein Alleinstel­lungsmerkm­al

der Schule werden, sagt Mandy Kulschewsk­i. „So, wie wir uns das vorstellen, gibt es das in ganz Thüringen noch nicht“, meint sie.

Eine eigene Oberstufe wird erwogen

Längerfris­tig schließt Michael Hose auch eine eigene Oberstufe nicht aus. Da die Klassen 7 bis 10 noch nach dem Regelschul­fahrplan unterricht­et werden, blieben bis zu einer Entscheidu­ng noch vier Jahre Zeit.

Aktuell befindet sich die Gemeinscha­ftsschule 10 in einer Übergangss­ituation, die etwas komplizier­t ist. Die Schule entstand vor einem Jahr, als sich die Regelschul­e „Otto Lilienthal“von der Mittelhäus­er Straße und die Grundschul­e vom Berliner Platz zur Gemeinscha­ftsschule zusammensc­hlossen.

Derzeit lernen die Klassen 1 bis 6 am Berliner Platz und die Klassen 7 bis 10 an der Mittelhäus­er Straße. Dort nutzen sie die Schulconta­iner und die Fachkabine­tte.

Die jüngeren Klassen vom Berliner Platz ziehen voraussich­tlich im Sommer in das Ausweichqu­artier an der Magdeburge­r Allee, damit am Berliner Platz die Innensanie­rung zu „Erfurts modernster Schule“stattfinde­n kann. Der Standort an der Mittelhäus­er Straße gehört mehrheitli­ch und künftig ganz der

Gemeinscha­ftsschule 8 „Otto Lilienthal“, die wiederum aus der Grundschul­e „Otto Lilienthal“hervorging.

Frühere Reibereien zwischen den beiden Lilienthal-Schulen gehören der Vergangenh­eit an. Michael Hose und Alexander Dorst, der neue Leiter der Gemeinscha­ftsschule 8, sind seit 15 Jahren befreundet. Gemeinsame Projekte und Angebote am Nachmittag sowie ein harmonisch­es Auftreten nach außen hätten bereits Wirkung gezeigt, sagt Hose.

Der Schulleite­r sieht auch keine Verwechslu­ngsgefahr oder gar Konkurrenz, selbst wenn der Standort an der Mittelhäus­er Straße derzeit noch von beiden Gemeinscha­ftsschulen genutzt wird.

„Die Gemeinscha­ftsschule 8 arbeitet jahrgangsü­bergreifen­d und ist sehr offen unterwegs, wir sind eher der klassische Part“, meint Hose. „Beide Konzepte haben ihre Berechtigu­ng und Schüler, die zu ihnen passen.“

Ein Name wird erst später gesucht

Irgendwann nach dem Umzug zum Berliner Platz, wenn das Konzept noch weiter verfeinert ist, will auch die Gemeinscha­ftsschule 10 einen Namen suchen. „Der Name soll zu uns passen“, sagt Michael Hose und betont noch einmal: „Wir sind eine Aufsteiger­schule.“

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HOLGER WETZEL (2) Mandy Kulschewsk­i und Michael Hose leiten die Gemeinscha­ftsschule 10 mit den Standorten an der Mittelhäus­er Straße und am Berliner Platz.

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