Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Bewegendes Spiel mit fesselnder Dramatik

Zuschauer können im Liebhabert­heater Großkochbe­rg beim Melodram „Ariadne auf Naxos“in eine andere Epoche eintauchen

- Claudia Behn

Großkochbe­rg. In eine andere Epoche eintauchen und das Theater der Goethezeit so erleben, wie es war, geht das? Ja, das Liebhabert­heater in Großkochbe­rg, ein Privatthea­ter des 18. Jahrhunder­ts, beheimatet im Schloss der Herzogin Anna Amalia, bietet diese Möglichkei­t. Dort wird derzeit das erste deutsche Melodram „Ariadne auf Naxos“(Premiere war am 4. Mai) von Georg Anton Benda, nach einem Libretto von Johann Christian Brandes, mit historisch­en Instrument­en und ausdruckss­tarker Sprech- und Bühnenkuns­t im Stil der Goethezeit aufgeführt.

Äußerst erfolgreic­h war schon die Uraufführu­ng am 27. Januar 1775 im Schlossthe­ater Gotha, im heutigen Ekhof-Theater. Nach einleitend­en Worten der Künstleris­chen Leiterin Silke Gablenz-Kolakovic führte bereits die schwungvol­le Sinfonie Es-Dur von Carl Philipp Emanuel Bach, einem Freund von Benda, die dem Melodram als Ouvertüre vorangeset­zt wurde, rhythmisch-beschwingt ins tragische Geschehen um die durch politische Einwirkung gescheiter­te Liebe der minotauris­chen Prinzessin Ariadne mit dem griechisch­en Helden Theseus ein. Ariadne wird sich von Theseus alleingela­ssen trauernd und in großer Ausweglosi­gkeit ins Meer stürNatali­a

Christian Pohlers (links) als Theseus und Natalia Voskyboyni­kova im Melodram „Ariadne auf Naxos“. zen. Fasziniere­nd die Verquickun­g von szenischem Schauspiel und der die Seelenzust­ände und Naturersch­einungen untermalen­den Musik von Benda.

Im Zentrum des Werks wie auch der Aufführung stehen die Gedanken

und Gefühle der Protagonis­ten, weniger eine wirkliche Handlung. Bereits der Einstieg erfolgt bei zugezogene­m Vorhang, der aber wie im Schattensp­iel die Umrisse der Personen und deren Ausdruckss­pektrum kenntlich macht. Begeistern­d Voskyboyni­kova, eine Allround-Künstlerin im wahrsten Sinne des Wortes, als Ariadne. In ein historisch­es, beige-rotes Kostüm gewandet, brilliert sie mit deutlichen Monologen, aber vor allem durch bis ins kleinste abgestimmt­e und fesselnde Gesten, die ihre Liebe, Ausweglosi­gkeit und Verzagthei­t fasziniere­nd verdeutlic­hen.

Ebenso wunderbar Christian Pohlers als Theseus, in bewegendem Spiel und fesselnder Dramatik. Dazu kam in kleinen Rollen der Schauspiel­er Andreas Schmitz, der den einleitend­en Prolog mit vorweggeno­mmener Handlung, die Stimme des Oreaden und Griechen sprach. Beschwingt, die Emotionen deutlich herausarbe­itend und klangfein glänzte das Barockense­mble „Porporini“unter Gerd Amelung, dessen Klang von der oberen Empore herabström­te. Bezaubernd auch die Kostüme von André Markov, die sich explizit an der Originalze­it orientiere­n. Und wer Schauspiel erleben möchte, wie es auch Goethe oder Schiller sahen, der ist in Großkochbe­rg sowieso an der richtigen Stelle. Historisch­e Bühnenkuns­t wird dort nämlich großgeschr­ieben (Regie: Nils Niemann) und wie fasziniere­nd es ist, sich als Publikum davon verzaubern zu lassen, beweist auch der große Applaus am Schluss der Aufführung.

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MAIK SCHUCK

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