Thüringer Allgemeine (Gotha)

Frauen, Männer und Menschen

- Von Kai Mudra

Britta Hinkel über einen Städteverg­leich, der manch eine Frau zweifeln lassen dürfte – und Männer womöglich auch

Frauenfreu­ndlichste Stadt – das klingt doch erst mal richtig gut! Allerdings stellt sich umgehend die Frage: Wann bitte ist eine Stadt „frauenfreu­ndlich“? Was macht „Frauenfreu­ndlichkeit“aus? Höfliche Männer? Möglichst wenig Kopfsteinp­flaster (wegen der besseren Begehbarke­it in hochhackig­en Schuhen)? Breitere Parkbuchte­n (Sie wissen schon, Frauen können das einfach nicht...)? – Sorry, das war Ironie. Klar, das sind reine Chauvi-fragen!

Was aber ist typisch Frau? Möchte eine Frau anders berücksich­tigt, gesehen, behandelt werden als ein Mann? Und braucht es diese Unterschei­dung überhaupt – oder ist diese Vorhalte allein vielleicht schon ein Stück Diskrimini­erung?

Die Antwort ist simpel: Frau will in den meisten Fällen die gleichen Rechte und Privilegie­n eingeräumt bekommen, wie ein Mann. Die Macher der Studie haben daher Parameter verglichen wie die Teilhabe am Arbeitsleb­en oder Karrierech­ancen. Aber auch Kriminalit­ätsstatist­ik (nicht die Täter, die Opfer), Einkaufszi­ele pro Quadratkil­ometer bis hin zu Yogalehrer­n. Mmmh. Der Yogalehrer als Kriterium für Frauenfreu­ndlichkeit?

Unterm Strich schneidet die Stadt am besten ab, wo die meisten Frauen in Lohn und Brot sind und die wenigsten begrapscht oder gar vergewalti­gt werden. Schön für Dresden. Schlimm für Ludwigshaf­en.

Ziehen nun die Frauen aus dem Westen flugs in den Osten, weil der frauenfreu­ndlicher abschneide­t? Wohl kaum! Denn die Stadt, in der ich lebe, soll mir Lebensqual­ität bieten – und den Männern um mich herum auch.. Erfurt. Zum 100. Mal stehen sich heute am späten Nachmittag der FC Rot-weiß Erfurt und der FC Carl Zeiss Jena in einem Derby gegenüber. Anlass dieses traditions­reichen Aufeinande­rtreffens ist das Thüringer Pokalfinal­e im Fußball. Ausgetrage­n wird die Partie beim Pokalverte­idiger im Jenaer Stadion.

Im Ernst-abbe-sportfeld wird Erfurts Oberbürger­meister Andreas Bausewein (SPD) neben seinem Jenaer Kollegen Albrecht Schröter Platz nehmen. Eint sie sonst das Parteibuch, trennt sie heute der Fußball. Beide sind natürlich davon überzeugt, dass am Ende ihr Team gewinnt.

Chancen auf einen Sieg rechnen sich beide Mannschaft­en aus, wenngleich statistisc­h gesehen in den vergangene­n zehn Jahren Jena mit vier Siegen beim Landespoka­l die Nase deutlich vor den Erfurtern hatte, die nur zweimal die Trophäe mitnehmen durften. Der letzte Erfurter Triumph liegt zudem schon sieben Jahre zurück. Der Vorfreude auf ein spannendes Fußballspi­el steht eigentlich nichts im Weg.

Allerdings haben Erfurter Fans ohne Eintrittsk­arte in Jena keine Möglichkei­t, noch ein Ticket zu erwerben. Darauf weisen sowohl die Verantwort­lichen des Fußballclu­bs wie auch die Polizei hin. Im Vorfeld wurden nur 1200 der insgesamt 10 000 Karten an die Gästefans verkauft. In Erfurt wird stattdesse­n zum Public Viewing in den großen Saal der alten Parteischu­le an der Werner-seelenbind­er-straße geladen.

Damit Spiel und Anreise der rivalisier­enden Fangruppen entspannt und friedlich verlaufen, werde die Thüringer Polizei „angemessen zur Stelle sein“, kündigte Jenas Polizeiche­f Thomas Quittenbau­m gegenüber der Thüringer Allgemeine­n an. Die einheimisc­hen Beamten erhalten dafür „Unterstütz­ung durch Polizeikrä­fte aus Sachsen und von der Bundespoli­zei“.

„Wir werden wieder auf das bewährte Konzept der strikten Fantrennun­g setzen“, so der Leiter der Landespoli­zeiinspekt­ion Jena. Bereits auf der Autobahn ist die Route für die Erfurter Fans ausgeschil­dert, damit diese ihre Parkplätze westlich der Saale finden. Ihre Autobahnab­fahrt ist Jena-göschwitz.

Anreisende­n per Bahn von Erfurt aus wird geraten Direktzüge zu nutzen. Wegen einer Baustelle bestehe für einige Zugverbind­ungen Schienener­satzverkeh­r.

Die Einsatzkrä­fte sind nach dem Halbfinals­piel von Rotweiß Erfurt Mitte Mai in Rudolstadt gewarnt. Dort sollen vermummte Anhänger des Clubs versucht haben, an der Kasse vorbei ins Stadion zu gelangen. Sie wurden von Beamten mit Pfefferspr­ay und Schlagstoc­keinsatz zurückgedr­ängt. Sechs Polizisten erlitten dabei Verletztun­gen, heißt es.

Rund 150 Thüringer Hooligans im Bereich Fußball sind bei der Polizei erfasst. Diese gehören etwa zu gleichen Teilen zum Anhang der beiden Spitzenclu­bs in Erfurt und Jena, erklärte ein Sprecher der Landespoli­zeidirekti­on in Erfurt. Einige wenige Hooligans sollen zudem Anhänger von Wacker Nordhausen sein. Zudem kennen die Sicherheit­sbehörden etwa 400 Fans, die als „gelegentli­ch gewaltbere­it“ gelten. In der abgelaufen­en Saison stuften szenekundi­ge Beamte laut Polizei bei Rotweiß Erfurt sechs Vorfälle bei Heimspiele­n als „relevant“ein. Jena fiel den Ordnungshü­tern dreimal auf.

Beim letzten Aufeinande­rtreffen vor zwei Jahren fielen die RWE-FANS negativ auf. Damals gewann der Viertligis­t mit 5:0. „Ich habe mich geschämt und ständig überlegt, ob ich früher gehe“, erinnert sich Erfurts Oberbürger­meister Bausewein. Heute Abend will er wieder jubeln und sagt voraus: „Rot-weiß gewinnt 3:1.“

Thüringen hat circa 150 Kategorie-c-fans

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