Thüringer Allgemeine (Gotha)

Boykott-wahn hie und da

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Wolfgang Suckert über eine politische Unsitte

Boykotte, Sanktionen, Embargos – das sind Begriffe aus dem politische­n Baukasten, die man längst auf dem Dachboden des Vergessens wähnt. Eigentlich haben sie als Werkzeuge in der weiten Weltpoliti­k niemals wirksam gegriffen. Sie haben dennoch überlebt. Und wie.

Auf dem Treffen der Industrien­ationen G 7 – früher G 8 mit Russland an einem Tisch – wurden die Fortführun­g der Sanktionen gegen Moskau angedroht, wenn der Minsker Friedenspl­an nicht stringent umgesetzt werde.

Hoppla, ist denn nicht noch ein anderer Staat an diesem Schlamasse­l beteiligt, der sich jeglichen Reformen bockbeinig verweigert?

Aber nicht nur der Westen scheint vom Boykottwah­n völlig verduselt zu sein. Russlands Ministerpr­äsident Dimitri Medjedjew – der kleine Putin – kündigte für diesen Fall an, den Lebensmitt­elboykott gegen die Länder der Europäisch­en Union für mindestens zwei Jahre noch weiterzufü­hren. Was soll das? Russland ist ein solch riesiges Land – herzlose Menschen sprechen auch von einem Riesenmark­t –, dass sich jede Volkswirts­chaft nur beglückwün­schen könnte, es in der Nähe zu haben. Aber was fällt den Politikern ein? Boykott, Sanktionen und so weiter.

Es ist dem 21 Jahrhunder­t nicht würdig, dass auf der einen Seite Milch für die Kinder fehlt und auf der anderen Seite Milchbauer­n gelegt werden.

Der deutsch-sowjetisch­e Krieg war ohnehin sinnlos. Aber wenn niemand daraus gelernt hat, dann war er noch sinnloser, falls es diese Vokabel, überhaupt gibt.

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