Thüringer Allgemeine (Gotha)

„Carl Zeiss gewinnt 2:1“

Interview mit Jenas Oberbürger­meister Albrecht Schröter über den FC Carl Zeiss und das Stadionpro­jekt, bei dem die Jenaer hinterherh­inken

- Von Tino Zippel

Was haben Sie am Sonnabend ab 17 Uhr vor? Da sitze ich auf der Tribüne im Ernst-abbe-sportfeld und drücke dem FC Carl Zeiss die Daumen – genauso wie beim Finale 2014, als wir die Erfurter mit 5:0 geschlagen haben.

Ist die Mannschaft des FC Carl Zeiss Jena trotz des sportliche­n Niedergang­s im Ausland noch bekannt? Bei Besuchen in England, Nicaragua oder Frankreich wurde ich überall auf Carl Zeiss Jena im Zusammenha­ng mit dem Fußball angesproch­en. Vor allem von älteren Menschen, die die glanzvolle­n Zeiten vor der Wende erlebt haben. Der Fußballclu­b ist ein gutes Aushängesc­hild für die Stadt. Da müssen wir wieder hinkommen.

Interessie­rt auch die aktuelle Lage des Clubs? Oft wird bedauert, dass Jena nur in der vierten Liga spielt, und die Hoffnung ausgedrück­t, dass wir es schaffen, in der nächsten Saison in die dritte Liga zu kommen. Ich traue der Mannschaft das zu, wenn alle im Club ihre Hausaufgab­en machen. Wir als Stadt werden das Stadionpro­jekt aktiv voranbring­en.

Wie ist der aktuelle Stand bei dem Projekt? Wir haben nach dem Stadtratsb­eschluss im September eine Projektgru­ppe ins Leben gerufen, die intensiv arbeitet. Ich habe mit dem Land geredet und die elf Millionen Euro vom Bauministe­rium gesichert. Die Stadt hat zehn Millionen Euro vorgesehen, so dass wir eine Startsumme haben, mit der es sich gut arbeiten lässt. Wir suchen Private, die den Betrieb der Arena übernehmen. Dafür wird gerade mit Hochdruck die Ausschreib­ung vorbereite­t.

Warum muss der Bebauungsp­lan erneut ausgelegt werden? Weil die Anregungen vom Verein und Fans Berücksich­tigung finden, die Arena ein wenig nach innen zu verlegen, damit mehr Platz für eine Umfahrung entsteht. Die Bedingunge­n für die Sicherheit­skräfte verbessern sich, wenn Heim- und Gästefans gut getrennt sind.

Wann wird das Stadion eröffnet? Ich bin zuversicht­lich, dass wir 2018 den ersten Spatenstic­h setzen. Ziel ist, dass die Arena zur Spielzeit 2019/20 in Betrieb gehen kann.

Im Mai 2011, also vor fünf Jahren, standen Sie und Ihr Erfurter Amtskolleg­e Andreas Bausewein nebeneinan­der mit der Zusage von Fördermitt­eln für eine Multifunkt­ionsarena. Schauen Sie neidisch nach Erfurt, wo im Sommer das neue Stadion eingeweiht werden soll? Auch Erfurt muss das Projekt erst einmal zu Ende bringen. Das wünsche ich den Erfurtern! Aber alles läuft dort auch nicht reibungslo­s. Wir haben uns bewusst die Zeit genommen, das Projekt gründlich vorzuberei­ten. Außerdem hatten wir schwierige­re Rahmenbedi­ngungen als in Erfurt wegen der Lage im Überschwem­mungsgebie­t der Saale.

Warum hat sich Jena gegen eine Multifunkt­ionsarena entschiede­n, die mit einer Förderquot­e von über 80 Prozent bedacht werden sollte? Erfurt ist diesen Weg gegangen. Weil zum einen das Risiko einer möglichen Rückforder­ung von Fördergeld­ern bestanden hat. Zum anderen wäre in Jena neben dem Kongressze­ntrum ein Hotel notwendig gewesen, das eine deutlich niedrigere Förderung erfahren hätte. Überdies gibt es begründete Zweifel, ob ein solches Projekt im Überschwem­mungsberei­ch überhaupt umsetzbar gewesen wäre. Deshalb setzen wir nun auf eine Variante ohne Hotel: Das solide Konzept einer reinen Fußballare­na soll siegen.

Braucht Jena kein Tagungszen­trum? Doch. Wir wollen das Volkshaus zum Tagungszen­trum entwickeln – dafür brauchen wir Hotelkapaz­ität in der Innenstadt.

Mit Roland Duchatelet, Anteilseig­ner beim FC Carl Zeiss, stand ein Interessen­t bereit, der ein Stadion mit integriert­em Hotel errichten wollte. Wird er sich auch bei der reinen Fußballare­na engagieren? Ich schätze das Engagement von Herrn Duchatelet sehr und bin zuversicht­lich, dass wir ihn auch für das andere Projekt gewinnen können. Wir werden eine moderne Arena in Jena haben, die den Anforderun­gen der Deutschen Fußball-liga entspricht und in der nach einer Erweiterun­g sogar erste Bundesliga gespielt werden könnte.

Ist der FC Carl Zeiss ein Wirtschaft­sfaktor für die Stadt, obwohl er in der vierten Liga spielt? Auf jeden Fall, obwohl ein Aufstieg den Effekt sicherlich noch vergrößern würde. Wir verkennen die wirtschaft­liche Magnetwirk­ung des Vereins nicht. Männerfußb­all genießt trotz der vierten Liga einen hohen Stellenwer­t. Wir verstehen uns als Sportstadt: Neben dem FC Carl Zeiss gehören der Frauenfußb­all, der Basketball oder die Leichtathl­etik zu den Aushängesc­hildern.

Vielleicht können die Fußballer sogar von der Euphorie um den Aufstieg von Science City Jena in die erste Basketball-bundesliga und dem Erfolg der Frauen in der ersten Bundesliga profitiere­n.

Wer gewinnt das Thüringenp­okalfinale?

Wir gewinnen mit 2:1 – knapp, aber verdient. Optimistis­ch macht mich, dass die Jenaer Mannschaft einen starken Kampfeswil­len zeigt und nachweisen will, dass sie Drittligat­auglich ist. Ich hoffe auf ein sportlich gutes Spiel und traue unseren Fans ein großes Engagement und sportliche Fairness zu.

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Drückt dem FC Carl Zeiss die Daumen: Albrecht Schröter ist Jenaer Oberbürger­meister. Fotos: Tino Zippel
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Im Jenaer Stadion findet heute ab  Uhr das Endspiel im Thüringenp­okal zwischen dem FC Carl Zeiss Jena und dem FC Rot-weiß Erfurt statt.

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