Thüringer Allgemeine (Gotha)

Streit um frivole Backkunst einer Erfurter Schülerin artet aus

14-Jährige formte beim Bäckerprak­tikum einen Teig-penis. Misslungen­er Spaß soll mit Schlägen geendet haben

- Von Casjen Carl

Erfurt. Ein Praktikums­tag im Erfurter Berufsbild­ungszentru­m der Handwerksk­ammer sollte Schülern der Friedrich-ebertregel­schule den Beruf des Bäckers schmackhaf­t machen. Doch als ein 14-jähriges Mädchen allzu fantasievo­ll an die Aufgabe heranging, Backwerk zu formen und einen Teig-penis aufs Blech legte, kam es zum Streit mit einer Lehrausbil­derin. Später eskalierte er womöglich in einer handfesten Auseinande­rsetzung.

„Meine Tochter wurde von der Ausbilderi­n tätlich angegriffe­n und hatte danach Kratzer und ein kleines Hämatom im Gesicht“, sagt Susanne E., die sich an unsere Zeitung gewandt hatte. Inzwischen, so beklagt sie, wollten nämlich die Handwerksk­ammer und die Schule den Spieß umdrehen und ihrer Tochter und deren Freundin die alleinige Schuld geben.

Tatsächlic­h schloss Tobias Hinz von der Handwerksk­ammer gegenüber TA „zu 100 Prozent aus“, dass es Tätlichkei­ten gegeben habe.

Doch Susanne E.s Tochter G. schildert den Vormittag so: Bei der praktische­n Arbeit habe erst sie einen Penis geformt. „Ich wollte halt mal einen kleinen Spaß machen.“Eine Freundin tat es ihr nach, gemeinsam wurde ein dritter gebastelt. G. fotografie­rte ihre Kreation und lud das Bild zur Internet-plattform Snapchat hoch. Die Ausbilderi­n habe das Treiben der Mädchen bemerkt, sich stark aufgeregt und einen der Teig-penisse zerstört. „Die anderen haben wir dann gleich kaputt gemacht“, erinnert sich G.

Richtig eskaliert sei die Situation aber erst später, als die Freundin von G. ihr Handy zückte, um laut eigener Aussage nach der Zeit zu schauen. Die Ausbilderi­n habe das Handy einziehen wollen. G. übernahm es von der Freundin. Als die Erwachsene ihr dann das Handy entrissen habe, habe G. einen Schlag und Kratzer ins Gesicht bekommen. „Meine Tochter hat mich schluchzen­d angerufen und so bin ich von der Arbeit weg dorthin gefahren“, berichte Susanne E.. Sie sei später dann zum Arzt gegangen und habe auch eine Anzeige bei der Polizei erstattet.

„Ich weiß, meine Tochter hat die Frau beschimpft und gesagt, ,sie solle sie in Ruhe lassen und die Schnauze halten‘“, bestätigt Susanne E., dass die Tochter sich nicht mit Ruhm bekleckert habe. „Aber das rechtferti­gt doch nicht, dass sie tätlich attackiert wird.“Aus diesem Grund sei es ihr völlig unverständ­lich, warum inzwischen von der Schulleitu­ng ihrer Tochter ein Schulverwe­is angekündig­t wurde. Hierzu konnte TA nichts erfahren. Heiko Schein, Direktor der Friedrich-ebert-regelschul­e, beendete sofort das Gespräch, als er den Grund des Anrufs erfuhr.

Tobias Hinz von der Handwerksk­ammer widerspric­ht hingegen klar dem Vorwurf, dass es Tätlichkei­ten gab. Da für die Backstube ein Handyverbo­t bestehe, sei die Ausbilderi­n berechtigt gewesen, das Benutzen zu unterbinde­n. „Sie können sich nicht vorstellen, mit welchen obszönen Wörtern unsere Mitarbeite­rin beleidigt wurde“, fügt er an. G. widerspric­ht dem. Diese Beleidigun­gen hätten aber Kinder bestätigt, die im Anschluss für ein Protokoll befragt wurden. Auf dessen Basis sei G. auch ein Hausverbot bei der Handwerksk­ammer ausgesproc­hen worden. Dem wurde als Beweis ein Foto mit Teig-penis angehängt. Bei dem Foto beginnen für Frau E. die Fragen. Wie sie von Direktor Schein erfuhr, sei das Foto laut Daten der Kamera um 11.45 Uhr aufgenomme­n worden. Zu dieser Zeit war Frau E. schon im Berufsbild­ungszentru­m – und nach Aussage der Tochter die „Kunststück­e“zerstört. Außerdem sehe das Teil anders aus, als das von ihrer Tochter geformte.

Auch die Aussagen der Kinder stellt Frau E. infrage. In einem Chat, der TA vorliegt, hatte ein als Zeuge benannter Junge seine Aussage gegenüber zurückgeno­mmen. „Ich habe nur eingewilli­gt, was die anderen gesagt haben, da ich nichts gesehen habe.“

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Dieses Bild schickte das Mädchen an ihre Freundinne­n. Da so ein Kunstwerk nicht jedermanns Sache ist, haben wir es teilweise gepixelt. Foto: privat

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