Leserbriefe als Spiegel der Gesellschaft
Schüler untersuchen unsere Zeitung
Erfurt. Blättert man durch die Tageszeitung, stößt man irgendwann auf die Seite mit den Leserbriefen. Nirgendwo spiegelt sich die aktuelle Stimmungslage der Leser so unmittelbar wider wie in dieser Rubrik.
In eben jenen Zusendungen und Wortmeldungen zeigt die Leserschaft, welche Themen ihr besonders am Herzen liegen und wo es ihrer Meinung nach not tut, das Wort zu ergreifen und Zustimmung oder Kritik zum Ausdruck zu bringen. Das gilt umso mehr bei dem Thema Flüchtlinge, das seit Monaten im Fokus des öffentlichen Interesses steht.
Dabei subsumiert das genannte Thema eine ganze Menge an verschiedenen Aspekten, die die Ta-leser zum Briefeschreiben bewegen. So gibt es in zahlreichen Wortmeldungen von Lesern zu Ausgangsthemen wie Terrorismus, innere Sicherheit, Arbeitsmarkt oder Islam Verweise auf das Thema Flüchtlinge. Schnell und quasi im Vorübergehen werden hier Themen miteinander verbunden, die nicht zwangsläufig etwas miteinander zu tun haben.
Bei alldem tauchen nur einzelne Stimmen auf, die sich erst einmal darum bemühen, zu fragen, was es überhaupt heißt, ein Flüchtling und auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein. Wer sich dann aber die Mühe gemacht hat, dem gelingt es auch, Terroristen und Flüchtlinge nicht gleich in einen Topf zu werfen und nicht Angst vor Überfremdung zu schüren. Viele der Leser betonen, wie wichtig es ist, eben jenen zu helfen, die Hilfe benötigen, wissen aber auch zu differenzieren, dass nicht alle von den Vielen, die nach Deutschland und Europa kommen, Kriegsflüchtlinge und Verfolgte sind.
In diesem Zusammenhang wurde gelegentlich auch auf die Kriminalität verwiesen, die mit den Flüchtlingen ins Land kommt. Generell ließ sich erkennen, dass das Thema Flüchtlinge für die Leserbriefschreiber besonders wichtig wurde, wenn von verschiedenen Formen von Kriminalität oder vom Terrorismus her der Bogen zu den Flüchtlingen beziehungsweise zu Menschen mit Migrationshintergrund geschlagen werden konnte.
So gab es nach den Anschlägen von Paris im November, nach den Übergriffen in der Kölner Silvesternacht oder nach den Anschlägen von Brüssel erkennbar mehr Wortmeldungen, in denen es um Flüchtlinge ging als in den Tagen und Wochen vorher.
Ein ähnlicher Zusammenhang ließ sich zwischen der Menge an Leserbriefen und dem monatlichen Auf und Ab der Flüchtlingszahlen ausmachen: stiegen Flüchtlingszahlen, stiegen auch die (kritischen) Zusendungen.
In diesem hier aus Platzgründen nur angedeuteten Gang durch die Leserbriefecke, zeigt sich schon recht deutlich, dass eben jene Ecke mit den Leserbriefen ein gutes Abbild der aktuellen öffentlichen Diskussion wiedergibt, ganz so wie sie es schon im 18. Jahrhundert bei ihrer Ersteinrichtung tat.