Thüringer Allgemeine (Gotha)

Schokolade gegen Rechts

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Michael Helbing wünscht sich Kinder Ghanas auf der Packung

So, jetzt wird’s süß und klebrig. Denn wir müssen jetzt viel Schokolade essen aus gesinnungs­ethischen Gründen: um im wahrsten Sinne des Wort Gesicht zu zeigen.

Es geht in erster Linie aber nicht um das eigene Gesicht, sondern um das von Fußballspi­elern aus der deutschen Nationalma­nnschaft. Kurz vor der Europameis­terschaft zieren deren Kinderbild­er eine Verpackung, auf der ohnehin seit eh und je ein Junge Zähne zeigt.

Nun sind es Mario Götze oder Lukas Podolski, Ilkay Gündogan, Mesut Özil oder Jérôme Boateng. Alles deutsche Kinder, die ursprüngli­ch nur nicht alle aus deutschen Familien stammen, was man dem einen weniger, dem anderen mehr ansieht.

Prompt taten ein paar Knallcharg­en aus einer regionalen Pegida-truppe dem Konzern Ferrero und seiner Kinderscho­kolade den Gefallen, dagegen aufzubegeh­ren. Insbesonde­re der dunkelhäut­ige Boateng gilt ihnen nicht als typisch deutsch, sein Vater kommt aus Ghana.

Also muss man nun ins richtige Regal und zur richtigen Packung greifen, um den Rettern des Abendlande­s, die eigentlich dessen Untergang bedeuten, eins auszuwisch­en. Schokolade essen gegen Rechts. Das ist ein Fest für jeden Pr-strategen.

Auf die Idee, ein anderes Kind, das tatsächlic­h selbst in Ghana lebt, auf die Packung zu heben, kämen die natürlich nicht. Dabei wäre das weitaus authentisc­her, da doch Kinder in Ghana ebenso wie in der benachbart­en Elfenbeink­üste täglich für Ferrero und die Schokoindu­strie überhaupt schuften: auf Kakaoplant­agen, wo sie „unter sklavereiä­hnlichen Bedingunge­n für die Ernte“eingesetzt werden, sagt Greenpeace.

Angeblich will der Konzern die Kinder besser schützen. Das dauert. Schneller war er beim Versuch, „Kinder“zu schützen: das Wort als Marke. Damit ist er aber vor Gericht gescheiter­t.

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