Thüringer Allgemeine (Gotha)

Patrick Otto will 160 Kilometer fürs Kinderhosp­iz laufen

Mühlhäuser wird zum „Thüringen-ultra“in Fröttstädt starten. Das Ziel, dass jeder Kilometer zehn Euro bringt, ist erreicht

- Von Claudia Bachmann

Mühlhausen. 160 Kilometer in schätzungs­weise 18 Stunden. Am 1. und 2. Juli will Patrick Otto diese Distanz innerhalb des „Thüringen-ultra“in Fröttstädt zurücklege­n. Für jeden Kilometer auf dem Rundkurs durch den Thüringer Wald sammelt er zehn Euro. Geld, das dem Kinderhosp­iz in Tambach-dietharz zukommen soll. „Es ist eine soziale Ungerechti­gkeit, dass sich eine solche Institutio­n über Spenden finanziere­n muss.“Eine Million Euro im Jahr kostet es, um allein den Betrieb in dem Haus in Tambach-dietharz aufrecht zu erhalten; nur 20 Prozent kommen von den Krankenkas­sen, der Rest muss über Spenden aufgebrach­t werden.

Der 33-jährige Otto zieht zwischen seinem Arbeitsall­tag im „Haus Elisabeth“im ökumenisch­en Hainich-klinikum in Mühlhausen, wo der gelernte Krankenpfl­eger als leitender Betreuer arbeitet, und der Tätigkeit im Kinderhosp­iz Parallelen: „Wir arbeiten beide mit Schwerstkr­anken. Aber die Arbeit in einem Hospiz, die würde meine Psyche nicht aushalten.“In seiner Beschäftig­ung – speziell der mit psychisch kranken und behinderte­n Menschen – geht er auf: „Hier kann man so vieles richtig machen, was die Gesellscha­ft nicht akzeptiert.“

Anfang Mai begann er damit, für den Lauf Spenden zu sammeln. 1950 Euro sind zusammenge­kommen. Mehr als er sich anfangs vorgenomme­n hatte. 1600 Euro waren sein Ziel. Jeder der vielen Spender wird auf seinem Lauftrikot mit Namen erwähnt.

Es ist Ottos zweite Aktion zugunsten des Kinderhosp­izes. Bereits im vergangene­n Jahr war er dafür unterwegs. Damals über 72 Kilometer zum traditions­reichen Rennsteigl­auf. Den Supermarat­hon legte er in 6 Stunden und 45 Minuten zurück, einer Zeit, die nur die Besten schaffen.

Ausdauerbe­lastungen hat sich Patrick Otto schon in einem Alter abverlangt, da hatten die Klassenkam­eraden nur Fußball im Kopf, damals, als Kind in Menteroda. Mit einem Schulfreun­d hat er sich eines Tages als Achtjährig­er aufgemacht zur großen Radrunde über die Dörfer. Ein paar Scheiben Brot geschmiert, dann ging es mit einem bescheiden­en Fahrrad los, ohne irgendwo Bescheid zu sagen. Später, als Jugendlich­er, da wohnte er schon in Mühlhausen, ging es mit dem Rad nach Kassel. „Den Herkules haben wir es dann rauf getragen.“

Zum Laufen kam er erst, als er zum Arbeiten nach Österreich gezogen war. Das, was er an jenem 3. Januar 2008 erlebte, das war die oft zitierte Initialzün­dung. „Ich habe nach meinem Dienst auf der Couch gesessen, ferngesehe­n und wusste in diesem Moment: Jetzt musst du laufen.“Obwohl er nie zuvor als Freizeitlä­ufer unterwegs gewesen war, aber als Wanderer über lange Strecken. Es folgten acht Kilometer entlang der Salzach in Salzburg. Und der Vorsatz: Das machst du jetzt einen Monat lang jeden Tag und schaust, was dein Körper dann will, entweder Ruhe oder Weiterlauf­en.

Der Körper wollte laufen. Anfangs ohne Trainer, später mit einem persönlich­en Ratgeber, der ihn dazu brachte, die legendäre Marathondi­stanz in knapp unter drei Stunden zurückzule­gen.

Erste Benefizakt­ion 2015 zum Rennsteigl­auf

Inzwischen hat er sich dem ganz langen Kanten verschrieb­en. Einmal ist er Halbmarath­on gelaufen. 21 Kilometer in 83 Minuten. So viel Aufwand für eine so kurze Zeit, fand er. Ein 100-Kilometer-lauf in Salzburg, der sagte ihm schon mehr zu. „Das Gefühl nach 70 gelaufenen Kilometern, dazu die Landschaft, als ich ins Ziel kam. Ich war der glücklichs­te Mensch überhaupt.“

Ein Gefühl, das er Anfang Juli gern auch in Fröttstädt erleben möchte. Um eine schnelle Zeit geht es ihm nicht vordergrün­dig. Doch wer um sein Talent weiß und um seine Erfolge, der ist sich sicher: Wenn Patrick Otto gesund ist und seine beiden Radbegleit­er Jens Westergerl­ing und Eberhard Vollrath nicht vom richtigen Weg abkommen, dann ist er vorn dabei. Im vergangene­n Jahr war Otto – damals waren es „nur“100 und nicht wie diesmal 160 Kilometer – Vierter.

Für seine Spendenakt­ion unterwegs zu sein, das motiviere ihn zusätzlich. Bei seinem ersten Spendenlau­f, im Mai 2015 zum Rennsteigl­auf, verlieh ihm der Anblick von Familie und Freunden, die spontan auf den Oberhofer Grenzadler gekommen waren, Flügel: „Ab da habe ich auf den letzten 17 Kilometern bis zum Ziel in Schmiedefe­ld richtig aufs Tempo gedrückt. Ich wollte ihnen für ihr Engagement etwas bieten.“Am ersten Juliwochen­ende in Fröttstädt soll‘s genauso sein.

Inzwischen meldete sich auch der Veranstalt­er bei Otto: „Wir haben von Deinem Vorhaben erfahren und finden es großartig. Wir möchten uns gern an dieser Aktion beteiligen und erlassen Dir die Startgebüh­r in Höhe von 90 Euro, womit Du ja Deinen Spendentop­f füllen kannst“, teilte Christina Schreier vom Organisato­ren-team des Thüringen-ultra mit.

 ??  ?? Erst seit wenigen Jahren läuft Patrick Otto regelmäßig. Seine Frau Marisa trägt die Leidenscha­ft und das Engagement ihres Mannes mit. Foto: Daniel Volkmann
Erst seit wenigen Jahren läuft Patrick Otto regelmäßig. Seine Frau Marisa trägt die Leidenscha­ft und das Engagement ihres Mannes mit. Foto: Daniel Volkmann

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