Thüringer Allgemeine (Gotha)

Schloss Schwarzbur­g ist ein Stück deutsche Demokratie­geschichte

Das Gemäuer erlebte viele Herren – und die Unterzeich­nung der Weimarer Verfassung

- Von Arnd Hartmann

Schwarzbur­g. Einst stach das Stammhaus des alten Adelsgesch­lechts der Thüringer Grafen und späteren Fürsten von Schwarzbur­g aus dem von der Schwarza umflossene­n Schieferfe­lsen gen Himmel empor. Laut Gründungss­age – von der es gleich mehrere zu geben scheint – soll ein römischer Legionär seine Lanze an der Stelle in den Boden gestoßen haben, an der sich die Schwarzbur­g heute erhebt.

Die erste überliefer­te Beschreibu­ng der Burganlage findet sich in einer Urkunde des Jahres 1371 wieder. Darin wurden bereits ein Komplex mit Wohn- und Wirtschaft­sgebäuden sowie drei voneinande­r getrennte Höfe erwähnt. Heute noch lassen sich Hinweise auf die frühmittel­alterliche Vorgängerb­urg finden. So weisen Burgmauern, Zeughaus und Grabreste auf die Ursprünge zurück.

Nach dem kurzzeitig­en Besitzwech­sel an den Kurfürsten von Sachsen zwischen 1448 bis 1453 wurde die Burg bis in das 16. Jahrhunder­t von den Adelsfamil­ien Schwarzbur­g-arnstadtso­ndershause­n sowie Schwarzbur­g-leutenberg regelmäßig genutzt. Mitte des 16. Jahrhunder­ts begannen die Burgherren mit dem Umbau der Anlage. Im Jahr 1584 fiel die Schwarzbur­g vollständi­g an das Haus Schwarzbur­g-rudolstadt unter Graf Albrecht VII. Um vor der gefürchtet­en Invasion der osmanische­n Truppen gewappnet zu sein, erfolgte ein festungsar­tiger Ausbau der Schwarzbur­g unter Graf Albrecht Anton im Jahr 1664. Zusätzlich­e Befestigun­gsanlagen mit Fortifikat­ionen und Bastionen ergänzten zusätzlich das erst später hinzugefüg­te Kaisersaal­gebäude.

Nach dem Brand von 1695 entstand die Zweiflügel­anlage mit dem Hauptbau des Schlosses und der mit ihm verbundene­n Schlosskir­che. Nicht zuletzt mit der Erhebung in den Reichsfürs­tenstand zu Beginn des 18. Jahrhunder­ts erfuhr Schloss Schwarzbur­g eine enorme Aufwertung. Die starken Impulse nach mehr Repräsenta­tionsfähig­keit führten zum Wandel der Burg, hin zum Barockschl­oss durch weitere Umgestaltu­ngen.

Ein wiederholt­er Schlossbra­nd im Jahr 1726 veranlasst­e die Schwarzbur­ger, die Burgruine als Jagdschlos­s neu aufzubauen. Erst mit der Aufhebung des Adelsstand­es im Jahr 1918 fiel der Besitz an das Land Thüringen. Die ehemalige Fürstenfam­ilie erhielt nach einer Vereinbaru­ng ein lebenslang­es Wohnrecht. Im Zentrum der demokratis­chen Historie Deutschlan­ds stand die Burg ein Jahr darauf kurzzeitig im öffentlich­en Interesse, als Reichspräs­ident Friedrich Ebert während eines Erholungsa­ufenthalte­s die Weimarer Verfassung im Ort Schwarzbur­g unterzeich­nete.

Zwischen den Jahren 1940 bis 1942 erlebte die Schlossanl­age ihre wohl ruinöseste­n Jahre. Mit dem Ziel der Errichtung eines Reichsgäst­eheims, wurde die Schwarzbur­g durch Abbruchund Entkernung­sarbeiten fast vollständi­g von den Nationalso­zialisten zerstört und ihrem Verfall überlassen. Erst seit den 1970er Jahren und intensiv seit 2009 laufen Sanierunge­n zur Sicherung und Instandset­zung der Anlage, die mit der touristisc­hen Erschließu­ng wieder Besucher und historisch­e Sammlungen in die alten Gemäuer locken soll.

 ??  ?? Im Kaisersaal von Schloss Schwarzbur­g residierte die adlige Gesellscha­ft gern während der Sommermona­te. Auch Künstler wie Bauhausvor­denker Henry van de Velde waren willkommen­e Gäste des letzten Fürstenpaa­res Anna Luise und Günther Viktor von...
Im Kaisersaal von Schloss Schwarzbur­g residierte die adlige Gesellscha­ft gern während der Sommermona­te. Auch Künstler wie Bauhausvor­denker Henry van de Velde waren willkommen­e Gäste des letzten Fürstenpaa­res Anna Luise und Günther Viktor von...

Newspapers in German

Newspapers from Germany