Im Nationalen Geopark Inselsberg-drei Gleichen erzählen die Landschaften Geschichte
Klein-klein geht gar nicht. Im Thüringer Geopark muss man groß, weit und vor allem langfristig denken. Unter ein paar Millionen Jahren macht es die Erdgeschichte nicht.
Stephan Brauner, verantwortlicher Geologe im Nationalen Geopark Thüringen Inselsberg – Drei Gleichen, hat damit kein Problem. Wer sich mit ihm auf den Weg macht, reist durch mehr als 300 Millionen Jahre, stößt auf erloschene Vulkane (Inselberg) und von Korallenriffen umgebene tropische Inseln (Ruhlaer Insel), trifft Saurier und Stachelhaie oder schaut der Landschaft quasi im Zeitraffer zu, wie sie sich krachend aus urzeitlichen Gewässern erhebt oder wieder darin verschwindet.
Unsere Tour beginnt am Fuße der Wachsenburg, im Zentrum des Urkontinents Pangäa. Geschichtenerzähler Brauner ist hier in seinem Element. Pangäa, „die allumfassende Erde“, entstand vor über 340 Millionen Jahren, als sich die Kontinente im Norden und Süden zu einem großen Superkontinent verbanden. Der Geopark lag damals mittendrin.
Rötlich-weiß erstreckt sich eine Miniwüste vom Parkplatz den Hang entlang. Der Boden aus Mergel und Tonstein zerbröselt weich zwischen den Fingern, ist aber von festen Sandstein-bändern durchzogen. Badlands – schlechtes Land – heißen solche Ecken. Zu Unrecht, findet Brauner und deutet auf Pflanzen, die trotz kargem Mergel-boden mit Farben protzen.
Die Landschaft, wie wir sie heute sehen, ist laut Brauner die Folge dramatischer Ereignisse im Erdinneren, als sich vor 80 Millionen Jahren Afrika erneut an Europa drückte. Geformt wurden die Burgberge dabei durch Erdstörungen, bei denen Schichten aus Keuper, Muschelkalk, Buntsand- und Zechstein gegeneinander geschoben und aufgebrochen wurden. Was man sieht, sind quasi die Bruchfalten.
Stand man eben noch auf Pangäa, ist man wenige Kilometer weiter am Weidbach in Mühlberg erdgeschichtlich schon im Gestern angekommen. Das Wasser kommt vom Mühlberg Spring, einer Karsthöhlenquelle im Muschelkalk, deren Alter auf etwa 7000 Jahre geschätzt wird.
Mineralien, die das Wasser in großen Mengen ausspült, lagern sich als Travertinstufen entlang des Bachlaufes ab. In Mühlberg kann man also – sozusagen – der Erdbildung zusehen.
Das ist es auch, was jährlich Zehntausende in die Marienglashöhle bei Friedrichroda zieht. Zum einen haben Stephan Brauner & Co. hier ein Infozentrum eröffnet. In den Vitrinen tummeln sich Haie und Saurier.
Zum anderen öffnet die Geologie am Nordrand des Thüringer Waldes ein Fenster ins Erdinnere. Weil die Schichten des Zechstein (255 Mio. Jahre) und Buntsandstein (240 Mio. Jahre) durch die Heraushebung des Mittelgebirges schräg gestellt wurden, durchschreite man im Zugangsstollen zur Höhle quasi eine Art geologischen Zeitstrahl, schwärmt Brauner. Nicht zu vergessen die Kristallgrotte – so schön kann Geologie sein.
Schließlich darf ein Abstecher zum Saurierpfad in Georgenthal nicht fehlen. Seine Entstehung verdankt er dem Bromacker, einer der weltweit bedeutendsten Fundstellen der Urviecher.
Thüringen war Saurierland, nirgendwo wird das so deutlich wie hier. Gefunden wurden sie in allen Größen und Variationen, vom kleineren, 290 Millionen Jahre alten Ursaurier bis hin zum großen, in den 210 Millionen Jahre alten Schichten des Keupers gefunden Lindwurm.
Viele Saurier tragen heute Thüringer Namen, weiß Brauner. Der Georgenthalia clavinasica ist ein solches kleines Amphib, ebenso der etwas größere Tambachia trogallas. Der Artname trogallas wurde aus den griechischen Worten für trogo (Mampfen) und allas (Wurst) abgeleitet – eine Huldigung an die Thüringer Bratwurst.