Durchsichtiges Manöver
Niels Seehase über den Griff in den Gesundheitsfonds
Ein guter Politiker weiß: Steuererhöhungen und Beitragsanhebungen machen sich in Wahljahren gar nicht gut.
So gesehen wäre Gesundheitsminister Hermann Gröhe ein guter Politiker – wenn die wahltaktischen Motive des gestern vom Bundeskabinett beschlossenen Zugriffs auf den Notgroschen des Gesundheitsfonds nicht so offen zutage treten würden. 1,5 Milliarden Euro sollen aus der Liquiditätsreserve des Fonds abgezweigt werden – auch um die vielen Millionen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland vor den Bundestagswahlen im September 2017 nicht mit zu stark steigenden Zusatzbeiträgen zu verschrecken.
Das ist ein allzu durchsichtiges Manöver, dessen Wirkung zudem begrenzt sein dürfte. Experten warnen schon seit Längerem vor stark steigenden Beiträgen für die gesetzliche Krankenversicherung – und zwar nicht wegen der von Gröhe als Begründung für den Griff in die Fondsreserve angeführten Kosten für die Flüchtlingsversorgung, sondern wegen stetig steigender Arznei- und Behandlungskosten und verschiedener kostspieliger Reformen im System.
Deshalb mögen die Versicherten im Wahljahr 2017 vielleicht noch um deutlich höhere Zusatzbeiträge herumkommen. Danach, so ist zu befürchten, werden sie zahlen müssen.