Abhöraffäre bei der Polizei: Verdacht schon seit Jahren
Vorwurf erstmals 2013 geäußert. Ex-innenminister Geibert hält Zehntausende Mitschnitte für „abenteuerlich“
Erfurt. Rainer Kräuter fällt es schwer, ruhig zu bleiben. Hat er jetzt den Beweis dafür, dass über Jahre illegal bei der Thüringer Polizei mitgehört wurde?
Kräuter gehört zu einer Reihe von ungeliebten Polizeibeamten der Vergangenheit. Der ehemalige Polizist war Gewerkschaftsfunktionär und Personalratsvorsitzender; seit 2014 sitzt er für die Linke im Landtag. Seit an Seit mit Marko Grosa, lange Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GDP) in Thüringen, und Marko Christ, der heute Gdp-chef ist, kämpft er vor einigen Jahren dafür, Verbesserungen zu erreichen, die Polizeibeamten die Verrichtung ihres Dienstes erleichtern sollen. Auch Funktionäre der Deutschen Polizeigewerkschaft sind damals mit im Boot.
Just in dieser Zeit häufen sich interne Ermittlungen. Angesiedelt ist die Abteilung damals beim Landeskriminalamt. Dass dabei die genannten Personen in den „Kreis der Verdächtigen“rücken – ein Zufall?
„Interne Ermittlungen“und das LKA
Man wundert sich in diesen Kreisen, dass die Ermittler offenbar Kenntnisse darüber haben, was ein Personalratsvorsitzender einem Dienstvorgesetzten in Telefonaten erzählt. 2013 äußert der damalige Gdp-chef Grosa den Verdacht, dass bei der Thüringer Polizei illegal Telefongespräche mitgeschnitten werden könnten. Die technischen Voraussetzungen gibt es.
Die verstärkten internen Ermittlungen gegen Polizeibeamte, vornehmlich Gewerkschaftsfunktionäre, laufen da schon über Jahre. Das Thüringer Innenministerium, damals ist Jörg Geibert (CDU) der Chef, beeilt sich in Gestalt eines Ministeriumssprechers aber mit dem Dementi. Die Technik sei nie benutzt worden, heißt es damals. Auch heute ist Geibert davon überzeugt. „Ich halte es für abenteuerlich, dass Zehntausende Telefonate aufgezeichnet wurden“, sagt er. Keinesfalls sei für ihn vorstellbar, dass von einem seiner Vorgänger ein Erlass unterzeichnet wurde, der die Möglichkeit eröffne, Gespräche inhaltlich mitzuschneiden, die beispielsweise von Personalratschefs mit Behördenleitern geführt würden. Zurzeit des fragwürdigen Erlasses war Richard Dewes (SPD) Innenminister in Thüringen.
Ex-gewerkschafter Grosa, heute Bürgermeister von Leinefelde-worbis, sagt: „Gegen Thüringer Polizeibeamte wurde immer nur belastend ermittelt.“ Und nun steht der Verdacht im Raum, dass nicht nur ihre Gespräche sondern auch Telefonate von Behördenleitern mit Staatsanwälten und Journalisten mitgeschnitten wurden.
Rainer Kräuter meint, er habe Indizien, dass es so gewesen sein könnte – denn auch gegen ihn wurde ermittelt. Kräuter, er betont, dass die Unschuldsvermutung gilt, glaubt übrigens nicht daran, dass das vermeintliche massenhafte Abhören auf den Erlass aus dem Jahre 1999 zurückgeht. „Ich glaube, dass Personen, wenn es so gewesen ist, massiv ihre Kompetenzen überschritten haben“, sagt er. Was der Gewerkschaft damals aufgefallen sei, hätten jetzt offenbar auch andere Behörden bemerkt – den Fall ins Rollen gebracht hat die Staatsanwaltschaft Gera. Dass Gespräche mitgezeichnet wurden, kam zufällig heraus.