Thüringer Allgemeine (Gotha)

Häftlinge protestier­en gegen schlechtes Essen

In der Haftanstal­t in Gräfentonn­a wird die Anstaltskü­che umgebaut. Das Mittagesse­n wird deshalb von einem Menüservic­e geliefert

- Von Kai Mudra

Erfurt. Essen trägt zur guten Stimmung bei. Das gilt auch für Gefängniss­e. Besonders dann, wenn das Mahl nicht mundet, erlangt dieser Spruch Bedeutung. Die Konsequenz daraus erlebt derzeit Thüringens größte Haftanstal­t in Gräfentonn­a (Landkreis Gotha).

Etwa „hundert bis zweihunder­t Gefangene“sollen dort seit etwa zehn Tagen das Essen verweigern. Darüber informiert­e gestern die GGBO (Gefangenen­gewerkscha­ft – bundesweit­e Organisati­on). Anlass der Aktion sei das schlechte Essen, welches aus „ungewürzte­n Miniportio­nen in Alu-assietten“bestehe. Grund für die besondere Kost ist der Umbau der Gefängnisk­üche, sodass die Mittagsmah­lzeit von einer externen Menüservic­e geliefert werden, kritisiert die Gewerkscha­ft.

Das Thüringer Justizmini­sterium bestätigte gestern, dass derzeit Häftlinge in dem Gefängnis das Mittagesse­n verweigern. Allerdings seien es um die 30 Gefangene, und auch diese würden sowohl Frühstück wie Abendbrot zu sich nehmen. Das komme weiter aus der Gefängnisk­üche, hieß es. Eine medizinisc­he Versorgung wegen Nahrungsve­rweigerung sei daher derzeit nicht erforderli­ch.

Die Anstaltsle­itung sei zudem mit den Häftlingen im Gespräch, um nach Lösungen zu suchen, sagte ein Ministeriu­mssprecher. So sollen zusätzlich Gewürze bereitgest­ellt werden.

Das Problem im normalen Knastallta­g ist, dass jeder Häftling sich weitere Gewürze kaufen müsste und dafür eigentlich kein Geld hat.

Die Gefangenen­gewerkscha­ft protestier­t zugleich dagegen, dass aus ihrer Sicht bei Gefangenen besonders intensiv gespart werde. Dem Land Thüringen wird vorgeworfe­n, „Telefonate, Einkäufe und Fernsehen“von Monopolist­en in den Anstalten zu überhöhten preisen anzubieten. Kritisiert wird auch die medizinisc­he Versorgung. Nach Angaben des Justizmini­steriums soll der Umbau der Anstaltskü­che in Gräfentonn­a noch bis Oktober andauern.

In der Haftanstal­t gab es in den vergangene­n Jahren immer wieder einmal zeitlich begrenzte Protestakt­ionen von Insassen. In dem Gefängnis sitzen vor allem Häftlinge mit langen Freiheitss­trafen. Es ist eine von zwei im Freistaat nach der Wende neu gebauten Haftanstal­ten.

Schlechtes Essen führt nicht das erste Mal zu Protesten hinter Gefängnism­auern. 1993 revoltiert­en in Suhl-goldlauter Häftlinge, weil ihnen zum Weihnachts­fest zerkochte Thüringer Klöße gereicht worden waren. 27 Gefangene wollten mit ihrem Sitzstreik aber auch das Ablösen von Küchenkräf­ten aus ihren Reihen verhindern.

Bereits 1993 gab es einen Kloßstreik in Thüringen

 ??  ?? Blick in einen Zellentrak­t der Justizvoll­zugsanstal­t in Gräfentonn­a. Archiv-foto: Marco Kneise
Blick in einen Zellentrak­t der Justizvoll­zugsanstal­t in Gräfentonn­a. Archiv-foto: Marco Kneise

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