Thüringer Allgemeine (Gotha)

Babys in Plastesäck­en

Mann steht ab heute in Erfurt wegen Mordes vor Gericht, seine ehemalige Lebensgefä­hrtin wegen Totschlags

- Von Simone Rothe

Erfurt. Er soll eine tiefe Abneigung gegen Kinder haben. Ab dem heutigen Donnerstag steht der Mann wegen zweifachen Mordes vor Gericht: Im Prozess vor dem Landgerich­t Erfurt geht es um den Tod von zwei Neugeboren­en in Ichtershau­sen (Ilmkreis). Dem Angeklagte­n wirft die Staatsanwa­ltschaft vor, 2014 und vergangene­s Jahr die Kinder seiner Ex-lebensgefä­hrtin mit deren Kenntnis und Billigung „weggebrach­t“zu haben. Die Abläufe seien in beiden Fällen gleich gewesen.

Die fünf Jahre jüngere Frau brachte die Kinder jeweils im Badezimmer allein zur Welt, wickelte sie in ein Handtuch – ließ das Köpfchen aber frei. Dann legte sie die Säuglinge auf den Badvorlege­r. Der Angeklagte soll die Babys aus der Wohnung gebracht, vollständi­g eingewicke­lt und in einen Plastiksac­k gesteckt haben. Er habe jedes der Kinder dann in den Bereich der sogenannte­n Winnewiese in Ichtershau­sen abgelegt – „in dem Bewusstsei­n, dass es dort versterben würde oder auf dem Weg dorthin bereits verstorben war“, heißt es in der Anklage.

Dem Mann bescheinig­en die Ermittler, grundsätzl­ich gegen Kinder zu sein. Zudem habe er für ihren Unterhalt nicht aufkommen wollen.

Mitangekla­gt ist seine ehemalige Lebensgefä­hrtin. Sie muss sich wegen zweifachen Totschlags durch Unterlasse­n verantwort­en. Für den Prozess sind zunächst vier Verhandlun­gstage im August angesetzt.

Der Haftbefehl gegen den Mann und seine Ex-freundin war im Januar erlassen worden. Ins Rollen kam der Fall, nachdem eine Spaziergän­gerin in dem Monat die Leiche eines kleinen Jungen fand, der laut Rechtsmedi­zin bei der Geburt noch lebte. Kurz darauf wurden weitere Knochentei­le entdeckt – die sterbliche­n Überreste eines zweiten Babys. Auf die Spur der Frau, die noch zwei weitere Kinder im Alter von damals 6 und 13 Jahren hat, war die Polizei durch Hinweise gekommen. Zeugen war aufgefalle­n, dass sie schwanger war, dann aber kein Baby bei sich hatte.

Sie räumte in Vernehmung­en ein, im Herbst 2014 und Herbst 2015 jeweils ein Kind geboren zu haben. Der Mann bestritt die Vorwürfe. In Thüringen hatten in den vergangene­n Jahren wiederholt Fälle getöteter Neugeboren­er für Entsetzen gesorgt. dpa

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