Von vielen Hotels in der Stadt überlebten nur wenige
Zum Jubiläum des Gastwirtsvereins organisierte man 1929 eine große Fach-ausstellung aller beteiligten Gewerbe
Schelle“und der „Weiße Hirsch“als Gaststätte haben überlebt.
Gothas Oberbürgermeister Arthur Scheffler (1881-1964) schrieb zum Geleit dieser Gastwirtsausstellung: „Wenn in einer Zeit schwerer Wirtschaftsnöte, die alle Berufsstände erfasst hat und Reich, Länder und Gemeinden bedrückt, das Gastwirtsgewerbe Thüringens zur Sammlung ruft, so erkennen wir in diesem Schritt den Willen, trotz allem durch rastlose Arbeit vorwärtszukommen.
Die fortschreitende Kultur stellt immer höhere Ansprüche. Deshalb sind gut geführte Gaststätten das A und O des Verkehrslebens und sein Gradmesser. Gut geführte Gaststätten dienen dem Allgemeinwohl im besonderen Maße...“.
Kurios: Hatte Scheffler doch im Frühjahr 1929 das Gothaer Gaststättenwesen hoch gepriesen, so verärgerte er die Wirte im Herbst jenen Jahres. Der Oberbürgermeister stolperte über eine neue Abgabenverordnung, welche die leere Stadtkasse füllen sollte: Gaststättenbesucher hatten danach eine Art Nachtsteuer zu zahlen: Also jeder Gast, der sich nach 23.30 Uhr noch in einer Wirtschaft aufhielt, sollte für jede angebrochene Stunde eine Nachtsteuer entrichten.
Manch Gothaer erzürnte sich mächtig über die sogenannte „Hockersteuer“. Gastwirte, die die Steuer einkassieren sollten, reagierten mit Boykott, wollten keine unbezahlten Steuereintreiber sein. Es kam zu Protestaktionen, Tumulten und Exzessen, bei denen sogar die Polizei mit Gummiknüppeln einschreiten musste. Schließlich wurde die Steuer zurückgenommen.
Die Festwoche zum Gastwirtstag begann am Samstag um 11 Uhr mit der Eröffnung der Jubiläumsausstellung, die dann jeweils von 9 bis 20 Uhr geöffnet war. Eine Reihe von Veranstaltungen gingen einher. So am Montag eine kollegiale Aussprache im Lokal von Wilhelm Creutzburg, „Goldener Ring“am Erfurter Landberg. Am folgenden Vormittag fand die Vorstandssitzung im „Park-pavillon“bei Willy Schalbe statt. Den Abend verbrachte man im „Hotel zum Schützen“bei Arthur Zacher. Mittwoch war Frauentag. Die Damen trafen sich nach der Besichtigung Gothaer Sehenswürdigkeiten in der „Konditorei Leidel“.
Am Donnerstagvormittag gab es die große Kundgebungsveranstaltung im „Schießhaus“(Stadthalle) bei Emil Fischer mit anschließender Festtafel, Preisverleihungen und abendlichem Ball. Eine kleine Wanderung stand am Freitag Mittag an. Treffpunkt war das Lokal von Arthur Holzhaus „Zum Waldfrieden“an der Sonneborner Straße. Der Weg führte über die Anlagen zum „Berggarten“zu Karl Groß, der Rückmarsch mit Musik zum „Alten Brauhaus“an der Breiten Gasse zu Bernhard Fischer. Dort gab es auch den Abschiedstrunk. Für den Samstag war ein automobiler Ausflug geplant. Es ging in den Thüringer Wald über Friedrichroda und Tabarz zum Großen Inselsberg. Zum Abschluss lud das Festkomitee in die Orangerie ein. Ein Promenadenkonzert und Gesangsvorträge der vereinigten Gothaer Männerchöre beschlossen die Festwoche am Sonntag.
In der Halle 3, dem Zelt auf dem Orangeriegelände, präsentierte man Kochkunst und Konditorei. Auch die Fachschule der Kellner- und Kochlehrlinge von der Berufsschule Gotha, Eisenacher Straße, stellte ihre Arbeit dort vor. Die Koch-fähigkeiten zeigten David Mehling vom „Hotel Mahr“, Rudolf Kallensee vom „Hotel Stadt Coburg“, Willy Schalbe vom „Park-pavillon“sowie Köche aus dem „Schlosshotel“. Die Konditoren waren Peter Fricker, Schwabhäuser Straße 42; Gustav Hennicke, Hersdorfstraße 10; Otto Leidel, Erfurter Straße 14; Albert Maasberg, Jüdenstraße 26 und Georg Wollenberger, Neumarkt.
Ein weiteres Ausstellungsthema galt der Volksernährung: Obst und Gemüse im frischen und gedörrten Zustand, Konserven, Fleischwaren, Wild, Geflügel, Fische und Schalentiere.
In den vier Ausstellungshallen gab es Stände für Kühlschränke, Bierdruckapparate, Armaturen, Fahrstühle, Geldschränke, Personenwaagen, Kontrollkassen, Hygieneartikel, Maschinen und Geräte, Bestecke, Tafelaufsätze, Hotelsilber, Porzellan, Glas, Spiegel, Büro-utensilien, Musikinstrumente, Radios, Spiele, Textilien und Dekorationsmittel, Möbel, Tabakwaren sowie grafische Artikel.
Auch das Arbeitsamt Gotha, Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung hatte einen Stand, und die städtische Kurverwaltung Friedrichroda war mit einem Lichtreklameschrank vor Ort.
Vom von der Auster bis zum Zigarrenladen