Neue Ideen für alte Kirchen
Die Projekte der Internationalen Bauausstellung (Iba) Thüringen bekommen dieses Jahr Konturen
Antonia Pfaff
Blitzlichtgewitter hier, Lasershow da: Die teuren, unscharfen schwarz-weiß Bilder werden gefühlt an jeder Ecke und aus jedem Winkel geschossen. Seit Anfang des Jahres entsteht der Eindruck, dass die Kontrollen erheblich zugenommen haben. Zu Spitzenzeiten wurden im Radio 15 Blitzer durchgesagt, sind es doch in Regel „nur“fünf bis neun.
Dementsprechend haben auch die vielen Gruppen in den sozialen Netzwerken Hochkonjunktur. Tagtäglich posten unzählig viele Kraftfahrer die aufgebauten Blitzer. Selbstverständlich, um die anderen Verkehrsteilnehmer zu warnen. Ein wahrlich edler Zug. Auch die allseits beliebte Lichthupe wird genutzt, um den entgegenkommenden Autofahrer auf die bevorstehende „Gefahr“aufmerksam zu machen.
Die fest installierten Blitzer oder Säulen sind das eine. Die sind in der Regel gut sichtbar und auch bekannt. Verdammt schwer wird es für die Autofahrer am Abend oder in der Nacht. Und genau dann wird in einer 30er- Zone mit der Laserpistole geblitzt. Der Autofahrer hat keine Chance. Im Gegenteil, er ist schutzlos ausgeliefert. Natürlich gelten die Verkehrsregeln auch in der Nacht. Und ja, die Polizei macht auch nur ihre Arbeit. Das ist auch gut so. Und ich sehe ein, dass an Stellen, an denen sich vermehrt Unfälle wegen zu hoher Geschwindigkeit ereignen, geblitzt wird. Oder an Kindergärten und Grundschulen. Alles schön und gut. Aber ist es denn vonnöten mitten in der Nacht, in einem kleinen Dorf, in einer 30er -Zone, mit der Pistole zu lasern? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Weimar. Wir gelangen jetzt stärker in die Umsetzungsphase“, sagt Marta Doehler-behzadi. Die Geschäftsführerin der Internationalen Bauausstellung (Iba) kann sehr plastisch schildern, was nach Jahren der Auswahl und des Ausbrütens von Ideen tatsächlich Gestalt annehmen soll. Bislang ließ sich besser beschreiben, was eine Iba nicht sein soll. Kein zusätzliches Städtebauprogramm, keine Fördermittel-verteilstelle für schönere Dörfer, keine Startrampe für Projekte mit raschem Verfallsdatum. Die Iba ist Labor und Werkstatt für Baukultur und Landschaftsnutzung von übermorgen. Ein „modernes Instrument der Stadt- und Regionalentwicklung“, sagte Infrastrukturministerin Birgit Keller (Linke) gestern zur Ibajahrespressekonferenz in Weimar. Sie habe zum Beispiel schon 82 000 Euro zur Unterstützung des Vorhabens „Geras Neue Mitte“bewilligen können.
Die innerstädtische Freifläche ist nur eines von vielleicht 30 konkreten Teilprojekten, die von derzeit 19 nominierten Ibakandidaten umgesetzt werden sollen. Schwieriger dürften jene Projekte sein, die als Bauhülle mehr oder weniger ausgedient haben und ganz neue Nutzungsansätze verlangen. In der Ibasprache Leergut, das es als Ressource zu begreifen gilt.
500 Jahre Reformation und 500 Ideen für Kirchen
Zum Beispiel rund 2000 meist ländliche Gotteshäuser, die neben ihrer starken Sanierungsbedürftigkeit eines gemeinsam haben: Die Gemeinden der Gläubigen schrumpfen immer mehr. Mit der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland wurde deshalb der Ideenwettbewerb „Stadtland: Kirche – Querdenker für 2017“ausgerufen. Kirchen als Herbergen, als Sozialkaufhäuser, als Leihbüchereien und „Gesundheitskirche“? 500 Ideen, in Anlehnung an das 500. Reformationsjubiläum, sollen vom 13. Mai bis 19. November in der Erfurter Kaufmannskirche effektvoll präsentiert werden.
Ein kaum minder aufwendiges Iba-projekt ist der „Denkort der Demokratie“im Schwarzatal (Landkreis Saalfeld-rudolstadt). Wieder spielt Leergut die entscheidende Rolle, mit Schloss Schwarzburg im Zentrum. Bis 2019 soll es ein Projekt der politischen Bildung, aber kein Museum werden. Zum Tag der „Sommerfrische“am 27. August lenkt die Iba die Aufmerksamkeit im Schwarzatal auf historische Sommerfrische-architektur. Im Bahnhof Rottenbach als Tor ins Schwarzatal entsteht ein genossenschaftlich organisierter Regionalladen. In Kannawurf (Landkreis Sömmerda) will die Iba zusammen mit dem Künstlerhaus Thüringen e.v. die herkömmliche Landnutzung neu denken. In Apolda geht es um die Frage, wie große, vor sich hin rottende Betriebsanlagen geöffnet und für neue Investoren gewonnen werden können. Das Bahnhofsgebäude ist nicht mehr Sehnsuchtsort der Iba-geschäftsstelle. Der teilsanierte Eiermannbau, wo Apoldaer früher Feuerlöscher produzierten, dagegen schon. Hier will die Ibaleitung diesen Sommer erneut Quartier nehmen.