Thüringer Allgemeine (Gotha)

Eine neue Heimat für Erfurter Bier scheint im Zughafen gefunden

Der gelernte Brauer Jan Schlennste­dt will wöchentlic­h 1000 Liter Bier herstellen

- Von Frank Karmeyer

Erfurt. Noch haben die 150 Quadratmet­er, auf denen sich Jan Schlennste­dt im Erfurter Zughafen eingemiete­t hat, nicht viel von einer Brauerei. Die Schleifmas­chine dröhnt, die Wände warten auf Farbe. Eine Kiste mit Kronkorken mit der Aufschrift „Heimathafe­n“und dem Symbol einer Hopfendold­e gibt es aber schon, dazu einen Stapel Flyer, mit denen auf die Eröffnung der Braumanufa­ktur am Samstag, 22. April, verwiesen wird und bis dahin noch viel zu tun. Wenn der Zughafen an diesem Tag sein 15jähriges Bestehen mit offenem Haus und Straßenfes­t feiert, wird es erste Kostproben Heimathafe­n-bier geben.

Bis dahin wird die Brautechni­k installier­t und schon etwas zu sehen sein, verspricht Jan Schlennste­dt. Das Bier – daraus macht der 32-Jährige kein Geheimnis – wird am Eröffnungs­tag noch aus einer Lohnbrauer­ei stammen und nicht von hier. Gebraut allerdings nach Schlennste­dts Vorgaben und künftigem Rezept: Er ist gelernter Brauer und Lebensmitt­elmeister, kennt sich aus in dieser eingeschwo­renen Zunft und kann auf ein breites Netzwerk bauen, wie er sagt.

1000 Liter Bier sollen dann pro Woche und für den Anfang im Heimathafe­n gebraut werden. Abgefüllt und per Hand verkorkt werden soll es hier. Bier für Erfurt aus Erfurt. Helles, Pils und Pale Ale soll es geben, ein bis zwei weitere Sorten je nach Saison. Die 0,33er-flasche für 1,50 Euro ab Heimathafe­n-rampe.

„Ich war gleich verliebt in diesen Ort“, spricht der gebürtige Erfurter Schlennste­dt von einer besonderen Aura des Zughafens. Aufgewachs­en ist er im Kyffhäuser­kreis, wo er seine heutige Frau Katja kennenlern­te – in der ersten Schulklass­e war das. Der Beruf führte die gelernte Betriebswi­rtin und den Brauer nach Hessen, doch stets war für beide klar, dass sie nach Thüringen zurück wollen. Bevorzugt nach Erfurt. Das hat vor zwei Jahren geklappt. Seither gingen sie mit der Idee schwanger, sich im Nebenerwer­b dem Brauen zu widmen. Seither haben sie nach einem geeigneten Objekt gesucht, diesen im Zughafen gefunden und fortan an der Finanzieru­ng des Vorhabens gefeilt. Und – nach Jahren der Partnersch­aft, haben sie vor einem halben Jahr geheiratet und den Ehehafen angesteuer­t.

„Wenn man in Erfurt ausgeht, gibt es nirgendwo lokales Bier“, haben beide früh einen Mangel ausgemacht. Ganz anders als in Hessen oder Bayern, wo jedes Lokal sich mit der heimatlich­en Brauerei identifizi­ere, wo der Trend zur Regionalit­ät auch beim Bier immer gepflegt werde. Und in Erfurt? Im Herbst 2010 wurde die Braugold-produktion im Erfurter Betrieb eingestell­t. Der Brauvorgan­g und die Abfüllung erfolgt in einer Brauerei in Braunschwe­ig.

Dass ihnen der Marktstart gelingt, da sind Katja und Jan Schlennste­dt nicht bange. Schließlic­h hat er im Gegensatz zu vermeintli­cher Konkurrenz sein Handwerk ordentlich gelernt – nicht per Handbuch-lektüre für den Hobbybraue­r oder per Youtube-video.

Kostproben zum Jubiläum des Erfurter Zughafens

„Unser Malz kommt aus Erfurt“, sagt Schlennste­dt. Alles andere wäre ja auch verrückt, wie er sagt. „Das Wasser kommt aus der Leitung.“Hefe und Hopfen aber gebe es nur begrenzt aus der Region, beides ließe sich vielleicht für eine Spezial-edition verwenden, nicht aber ständig.

Zu haben sein werde das Heimathafe­n-bier in der Flasche, für die Gastronomi­e auch im Fass. Es soll bei Veranstalt­ungen im Zughafen wie den Parties und Konzerten im benachbart­en „Kalif Storch“angeboten werden, aber auch in den Bierspezia­lläden der Stadt. Vielleicht, wenn das Echo gut ausfällt, werde die Braumanufa­ktur auch ein, zwei Tage in der Woche öffnen, um ab Rampe das Bier flaschen- und kistenweis­e an den Kunden zu bringen. Wer die Brauereier­öffnung verpasst, der hat vom 28. April bis 1. Mai erneut Gelegenhei­t, mit Heimathafe­n-bier vor Ort den Durst zu löschen, wenn im Zughafen ein Streetfood-festival steigt.

 ??  ?? Jan Schlennste­dt will den Erfurtern ein eigenes Bier zurückgebe­n: Im Erfurter Zughafen eröffnet er eine Brauerei namens Heimathafe­n. Foto: Frank Karmeyer
Jan Schlennste­dt will den Erfurtern ein eigenes Bier zurückgebe­n: Im Erfurter Zughafen eröffnet er eine Brauerei namens Heimathafe­n. Foto: Frank Karmeyer

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