Demontage der Klub-legenden
Holger Zaumsegel
Sport sollte und will eigentlich nicht politisch sein. Doch gerade in Ländern, die es mit der Demokratie nicht ganz so genau nehmen, passiert es immer wieder, dass politische Dinge den Sport beeinflussen. Und dass die Türkei angesichts der jüngsten Entwicklungen hierfür als ein geeigneter Kandidat erscheint, zeigen die Ereignisse bei Galatasaray Istanbul.
Auf der Mitgliederversammlung des türkischen Fußball-rekordmeisters wurde über den Ausschluss von Hakan Sükür, der den Klub zu acht Meisterschaften, vier Pokalsiegen sowie zum Uefa-pokalsieg führte, und von Arif Erdem (siebenmal Meister, fünfmal Pokalsieger, einmal Uefa-pokalsieger) abgestimmt. Der inoffizielle Grund: Die Klub-legenden seien Anhänger der in der Türkei als Terrororganisation angesehenen Bewegung des Predigers Fethullah Gülen. Die Mitglieder sahen das wohl nicht so, oder fanden es nicht so schlimm, so dass sie sich für den Verbleib von Sükur und Erdem aussprachen. Die, wäre es ihnen nachweisbar gewesen, im Übrigen mit Sicherheit schon im Gefängnis säßen.
Die Klubführung wollte allerdings Linientreue zur Regierung zeigen und schloss die beiden aus – wegen angeblich nicht bezahlter Mitgliedsbeiträge. Nun stellen Sie sich vor, der FC Rotweiß Erfurt würde Jürgen Heun oder der FC Carl Zeiss Jena Peter Ducke aus diesem Grund ausschließen. Undenkbar.
In der Türkei ist dem leider nicht so. Und die Demontage der Klub-legenden scheint nur ein Auftakt zu sein. Angesichts dieser Entwicklung muss vielleicht irgendwann der demokratische Sport doch politisch werden und sich Gegenmaßnahmen einfallen lassen.