Thüringer Allgemeine (Gotha)

Jamaika – jetzt kommt es auf die Grünen an

Mit ihrem guten Ergebnis kann die Öko-partei selbstbewu­sst in Koalitions­gespräche gehen

- Von Alexander Kohnen

Berlin. Für die Grünen ist es ein Abend der Erleichter­ung. „Hey. Wow“, sagt Spitzenkan­didatin Katrin Göring-eckardt. Ihre Anhänger im Vollgutlag­er in Berlin jubeln. „Wer hätte das gedacht?“Neben ihr steht Co-spitzenkan­didat Cem Özdemir. Auch auf seinem Gesicht vor allem Erleichter­ung. Es ist ein schöner, aber kein perfekter Abend für die Grünen. Für eine ausgelasse­ne Party ist die AFD einfach zu stark.

Das Ergebnis der Grünen ist wahrschein­lich das zweitbeste in der Geschichte der Partei. Dabei sah es lange so aus, als würden die Grünen schwächer abschneide­n als 2013. Es ist die Geschichte eines unerwartet­en Aufschwung­s. Die Spitzenkan­didaten haben ihr erstes Ziel, die Grünen zweistelli­g zu machen, nicht erreicht. Das zweite Ziel – die Partei an die Regierung zu bringen – könnte aber klappen. Göring-eckardt und Özdemir könnten Minister werden.

Also Schwarz-gelb-grün statt große Koalition? Jamaika? Das klingt so locker, entspannt. Doch der Weg dahin wird steinig. Vor allem für die Grünen: In einer schwarz-gelb-grünen Koalition wären sie aus ihrer Sicht das linke Korrektiv für mehr Umweltschu­tz und soziale Gerechtigk­eit. Es könnte so laufen: Union und FDP machen ein paar Zugeständn­isse an die Öko-partei, etwa bei den Kohlekraft­werken, dem Verbrennun­gsmotor oder einer besseren Bildung für alle Kinder. Die Grünen brauchen auch Erfolge in der Sozialpoli­tik, damit SPD und Linke sie nicht wirksam als Verräter des linken Lagers brandmarke­n können. Göringecka­rdt kündigt am Wahlabend an, dass es nicht leicht wird: „Wir werden kein einfacher Partner sein.“Auch Özdemir legt die Latte hoch: „Wir wollen dieses Land verändern.“Ein Argument, das beide Spitzenkan­didaten für Jamaika liefern: Man muss sich der Verantwort­ung stellen. Baden-württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n sagt, dass man ernsthaft über eine Regierungs­beteiligun­g verhandeln werde.

Die Grünen können mit neuem Selbstbewu­sstsein in die Sondierung­sgespräche gehen. Viele in der Partei fürchten allerdings in einer möglichen Jamaika-koalition eine aggressiv und provokativ auftretend­e CSU. Die angeschlag­enen Christsozi­alen wollen ihre absolute Mehrheit bei der bayerische­n Landtagswa­hl in einem Jahr verteidige­n. Die Grünen stehen vor harten Wochen und Monaten.

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Foto: Hirschberg­er/dpa Katrin Göring-eckardt und Cem Özdemir durften jubeln.

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