Die Linke etabliert sich im Bund
Das eigene Resultat freut die Partei, doch der Afd-triumph schockt viele
Berlin. Es ist ein leises Lächeln. Es zeigt eher Ungewissheit als Freude. Ein verzagter Blick, der Bauchschmerzen ankündigt. Katja Kipping, Chefin der Linkspartei, steht im „Festsaal Kreuzberg“im linken Berlin-treptow. Hinter ihr Hunderte Sympathisanten und Mitglieder. Vor ihr eine Leinwand. Es ist 18 Uhr, die erste Prognose poppt auf. Der rosa Balken der Linkspartei bleibt bei neun Prozent stehen. Der blaue der AFD bei 13,5 Prozent. Kippings Lächeln wandelt sich in ernste Worte: „Diese Rechtsverschiebung in der Gesellschaft ist eine Gefahr“, sagt sie dieser Redaktion.
Kipping sagt auch: „Wir können stolz sein auf unser Ergebnis.“In der Tat: Wer nur auf die Zahlen schaut, kann als Linkspolitiker zufrieden sein: Bei der Wahl vor vier Jahren erreichte die Linke 8,6 Prozent. Jetzt landet sie erneut auf diesem Niveau, vielleicht sogar etwas höher. Sie hat – anders als Union und SPD – nicht an Zuspruch verloren. Vielen ist an diesem Abend ist auch klar: Die Linke hat nichts gewonnen. Ihre Ziele hat sie verfehlt: drittstärkste Partei im Parlament, zweistelliges Ergebnis.
Das Wahlergebnis zeigt auch: Der Linkspartei ist es nicht gelungen, vom wachsenden Protest gegen die Regierungspolitik von SPD und Union zu profitieren. Dabei setzt sie in ihrem Programm genau auf diese Wütenden und Abgehängten.
Die Linken hatten einen Plan für diesen Wahlkampf: Die Politik der Angst und Wut, der Hetze gegen die „Etablierten“, die die AFD vorangetrieben habe, sollte einen Weg finden: in „Protest von links“, einen Weg ins Wahlprogramm der Linken. Mehr Gerechtigkeit für den „kleinen Mann“. Mehr Lohn, mehr Rente. Aber dieser Linkensound erreichte kaum das Ohr des wütenden Wählers. „Man konnte mit Afd-anhängern lange und hart diskutieren“, sagt ein Linkspolitiker aus NRW über seinen Wahlkampf. „Aber die Menschen waren einfach nicht offen für andere Argumente.“Sie seien gefangen gewesen in rechten Parolen.
Kurz nach 18 Uhr steht Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht auf der Bühne. Sie hat sich einen Sprechzettel im Kopf zurechtgelegt, der Mut machen soll: ein gutes Ergebnis in einem schwierigen Umfeld, so sei es zu bewerten. Ein Mitglied aus Berlin-hellersdorf steht vor der Bühne und fasst das Ergebnis anders zusammen: „Scheiße.“