Christdemokrat Schipanski gewinnt den Wahlkreis knapp
Carsten Günther (AFD) erhält rund 25 Prozent der Stimmen. Spd-kandidatin kommt auf 18, die der Linken auf 15 Prozent
Langewiesen. Im Langewiesener Bürgerhaus im Ilmkreis ist die Stimmung bei der Cduwahlfeier gestern Abend zunächst gedämpft, als die ersten Hochrechnungen auftauchen. Viel besser wird die Laune auch nicht, als sich nach Auswertung der ersten Wahllokale ein Kopfan-kopf-rennen für den Cdukandidaten Tankred Schipanski abzeichnet – und zwar mit Carsten Günther von der AFD.
Im Saal sind einige erschrocken darüber, dass die beiden Bewerber um das Direktmandat gerade einmal fünf Prozent voneinander trennen – und das bei mangelnder Präsenz des Afdkandidaten in der Region, wie hier festgestellt wird.
Beifall kommt auf, als Tankred Schipanski das Bürgerhaus betritt. Sein Sieg scheint um diese Zeit knapp, aber wahrscheinlich zu sein. „Mir war bewusst, dass die CDU Verluste hinnehmen muss. Aber das Ergebnis ist ein deutlicher Verlust“, schätzt er ein. Schipanskis Favorit wäre eine schwarz-gelbe Koalition gewesen. Nun, da die SPD ihren Verzicht auf eine Regierungsbeteiligung erklärt hat, geht es nicht mehr ohne die Grünen. „Das dürften schwierige Verhandlungen werden“, ist er sich sicher.
Bei der SPD war es um 18 Uhr im Gothaer Tivoli ganz still. Das lag nicht nur an den Zahlen der Prognose, die per Beamer an die Wand geworfen wurden. Das Bild funktionierte zwar, aber der Ton nicht. Die 20 Prozent für die Sozialdemokraten registrierte auch Petra Heß, Direktkandidatin ihrer Partei, mit versteinerter Miene. Erst als der Balken für die AFD immer höher wird, ging ein Raunen durch den Raum.
Enttäuschung einerseits, Genugtuung andererseits
Schnell verbreitete sich die Nachricht, dass die SPD im Bundestag in die Opposition gehen werde, noch bevor es Martin Schulz offiziell im TV verkündete. „Das finde ich richtig“, sagt Petra Heß sofort. „Wir sind stärker als die AFD und müssen ihr in der Opposition Paroli bieten. Die große Koalition hat der SPD geschadet.“
Dass sie im Bundestag nicht dabei sein wird, zeichnet sich angesichts der Ergebnisse aus dem Wahlkreis bald ab. „Wenn es nicht reicht, fahre ich am Dienstag wieder an meine Arbeitsstelle nach Berlin. Die Fahrkarte habe ich schon lange. Ich buche immer Spartarif.“Für den Wahlkampf hatte sie ihren ganzen Jahresurlaub genommen – fünf Wochen und zwei Tage.
Anke Hofmann-domke (Die Linke) kommt gegen 19 Uhr ins Büro ihrer Partei in Gotha in der Blumenbachstraße. Am PC lässt sie sich schnell ein paar Ergebnisse aus dem Wahlkreis zeigen. „Es sieht so aus, wie es sich an den Wahlständen abgezeichnet hat“, sagt sie. „Wir haben nicht alle überzeugen können, dass ein menschlicher Umgang mit den Geflüchteten und ihre Integration richtig ist. Aber wir werden von dieser Position auch nicht abweichen.“Natürlich sei sie enttäuscht über ihr persönliches Ergebnis, „aber morgen machen wir weiter mit unserer Politik. Im Kreistag gibt es viel zu diskutieren – von Kreisgebietsreform bis ÖPNV“, sagt die Abgeordnete aus dem Ilm-kreis.
Martin Mölders (FDP) war die Genugtuung nach den ersten Hochrechnungen anzumerken. „Die Stimme der Vernunft hat gesiegt, wir sind wieder drin, und das vielleicht sogar zweistellig“, sagte er kurz nachdem sein Parteichef Christian Linder seine erste Stellungnahme im Fernsehen abgegeben hatte gegenüber unserer Zeitung. „Wir sind wieder da und das richtig gut.“Trotzdem: „Das werden ganz schwierige Wochen.“
Und Jamaika? Mit Grünenchef Cem Özdemir und seinen Äußerungen sieht er da eher schwarz statt Schwarz-gelbgrün: „Das wird ganz, ganz schwierig.“Aber das war gestern „Schnee von morgen, ich bin einfach nur richtig gut gelaunt“, sagte er.
Matthias Schlegel (Grüne) war zufrieden, auch und vor allem mit dem Ergebnis seiner Partei in den neuen Ländern. Und nun? Seiner Meinung nach haben viele Sozialdemokraten, die er kennt, „die Nase voll von der großen Koalition“, da müssten nun die Grünen „ernsthaft und konstruktiv“mit den anderen mehrheitsfähigen Partnern diskutieren. Jamaika wäre aus einer Sicht nicht die schlechteste Lösung, „wenn wir uns da wiederfinden“. Das werde zwar nicht einfach, aber ist auch nicht aussichtslos.
Wolfgang Sturm (Freie Wähler), der mit seiner Direktkandidatur etwa 3,5 Prozent erreicht, hatte sich mehr erhofft. „Ich dachte, fünf Prozent wären drin. Schließlich habe ich den Menschen mit unserem Programm eine Alternative zu den etablierten Parteien und zur AFD geboten. Aber als Einzelkämpfer, der alles allein finanziert, hat man es schwer.“ Heiko Müller (45) aus Ilmenau:
Ich erhoffe mir eine aktive Bildungspolitik durch Aufstockung der Lehrerzahlen, eine bedingslose Grundrente als Vorläufer für ein Grundeinkommen und die Verbesserung der Pflege durch die Einführung der Assistenzbegleitung.