Sehnsüchte und Sentimentalitäten
Herzlicher Applaus für „Madame Bovary“nach Flaubert zur Premiere in Rudolstadt
Rudolstadt. Landarzt Charles Bovary liebt die schöne Emma. Emma liebt ihre Vorstellung vom künftigen Leben mit Charles. Zur rauschenden Hochzeit regnet es Rosenblätter, Champagner fließt in Strömen, Emma und Charles schweben im siebten Himmel. Alles könnte gut werden. Wäre da nicht die nervige Schwiegermutter, die jedes zum Munde geführte Glas genau registriert. Und Emma klagt: In den Büchern ist die Wirklichkeit so schön, in Wirklichkeit nicht.
Samstagabend hob sich im Theater im Stadthaus in Rudolstadt der Premierenvorhang für Gustave Flauberts Welterfolg „Madame Bovary“in der Bühnenfassung der Berliner Dramatikerin Tine Rahel Völcker. Was ohnehin schon ein Wagnis ist, wenn man rund 450 Seiten auf etwas mehr als zwei Bühnenstunden eindampfen will. Da bleiben nicht nur Flauberts große Erzählkunst, seine exzellenten Charakterzeichnungen und seine übergroße Liebe zum Detail auf der Strecke. Zumal Völckers Emma nicht wirklich Neues zu leisten vermag, ein bisschen aufbegehrt, ein bisschen von Freiheit jammert, im Grunde genommen aber immer zwischen Sehnsüchten und Sentimentalitäten gefangen bleibt.
Regisseur Frank Hänig, der auch für die Bühne verantwortlich zeichnet und mit Kostümbildnerin Teresa Monfared Flauberts „Sittenbild aus der Provinz“um 1850 in den Fünfzigerund Sechzigerjahren des letzten Jahrhunderts ansiedelt, schafft eine Collage aus Szenen einer Ehe und Intrigenspielen der bürgerlichen Gesellschaft.
Carola Sigg als Emma geht mit romantischen Vorsätzen in die Ehe, will gute Hausfrau, Geliebte und Mutter von Berthe (Anna Sigg) sein. Ehemann Charles (Markus Seidensticker) liebt seine Emma abgöttisch, scheitert nicht nur am beruflichen Unvermögen und lässt sich von aller Welt benutzen. Ein bisschen Pfiff ins Spiel bringt der kaltschnäuzige Rodolphe (Johannes Geißer), der selbst keine Illusionen hat, verführt und betrügt und in Emma eine leichte Beute findet. Immer schneller wechseln die Szenen, manche bestehen nach der Pause nur aus drei, vier Sätzen. Licht aus, Musik ab, Jalosien runter. Das Ganze wieder von vorn. Unaufhaltsam stürzt Emma in den Abgrund und reißt mit ihrem Selbstmord ihre Familie mit sich.
Fazit: In den Büchern ist die Wirklichkeit so schön, in Wirklichkeit nicht.
Für den Premierenabend bedankt sich das Publikum in Rudolstadt mit herzlichem Applaus.
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Weitere Vorstellungen: .., . Uhr; ., Uhr, Theater im Stadthaus Rudolstadt