Thüringer Allgemeine (Gotha)

Weltmeiste­r Sagan schreibt mit seinem Titel Radsport-geschichte

Der Slowake gewinnt als erster Fahrer drittes Wm-gold in Serie. Simon Geschke auf Platz 20 bester Deutscher

- Von Axel Lukacsek

Bergen. Gerade war der Startschus­s gefallen, da sendete der krankheits­bedingt verhindert­e Kapitän an seine Teamkolleg­en die besten Wünsche. „Viel Erfolg und Glück, Jungs“, schrieb der aus Gera stammende Radprofi John Degenkolb via Facebook nach Norwegen. Fast sieben Stunden später musste er am Fernsehen schweren Herzens miterleben, wie sich Peter Sagan im Sprint des Straßenren­nens die Krone aufsetzte und Radsport-geschichte schrieb.

Von dem 27 Jahre alten Slowaken war im 267,5 Kilometer langen Rennen eigentlich nie etwas zu sehen – bis er auf die Zielgerade einbog und im letzten Moment mit einem Tigersprun­g noch den norwegisch­en Lokalmatad­or Alexander Kristoff um wenige Zentimeter überflügel­te. „Das ist unglaublic­h. Für Alexander war es ein Heimspiel. Es tut mir leid, dass ich den Norwegern ein wenig die Stimmung vermiest habe. Es ist etwas ganz Besonderes für mich“, sagte Sagan, der vor Tausenden von begeistert­en Zuschauern, darunter der norwegisch­e Kronprinz Haakon mit Gattin Mette-marit, als erster Radsportle­r überhaupt zum dritten Mal in Folge den Wm-titel eroberte.

Dabei war lange gerätselt worden, in welcher Form sich Sagan beim Wm-rennen präsentier­en würde. Wegen einer Erkältung hatte er auf die Streckenbe­sichtigung am Freitag verzichtet. Aber Tony Martin, der auf Platz 69 das Rennen beendete, gab nicht viel auf diese Tatsache. „Peter Sagan kann auch mit Fieber Weltmeiste­r werden“, hatte der einstige Erfurter schon vor dem Startschus­s behauptet.

Hinterher konnten die deutschen Profis nur noch staunen. „Er ist eine Legende. Ich war die ganze Zeit vorne dabei und habe ihn nie gesehen. Ich hatte schon vergessen, dass er mitfährt“, sagte Rick Zabel anerkennen­d.

Die Hoffnungen der deutschen Mannschaft auf einen Top-ten-platz erfüllten sich dagegen nicht. Dennoch zeigte das neun Fahrer große Aufgebot eine engagierte Leistung. Simon Geschke (Berlin) kam auf Rang 20 mit dem Hauptfeld ins Ziel, verpasste aber an der letzten Abfahrt den Anschluss, als vorn die Hatz eröffnet wurde. „Mit meinen 62 Kilogramm Körpergewi­cht hat mir der Bergabspri­nt nicht unbedingt in die Karten gespielt“, sagte Geschke.

Als das Rennen endlich spannend wurde, nahm Nils Politt (Köln) die Verfolgung zu einer Ausreißerg­ruppe auf. Später fuhr der Rostocker Paul Martens auf der letzten Runde drei Kilometer mit an der Spitze, bevor 2000 Meter vor dem Ziel das packende Finale eingeläute­t wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich auch die Hoffnungen von Nikias Arndt auf eine starke Wm-platzierun­g durch einen Sturz vor ihm in einem Bruchteil von Sekunden in Luft aufgelöst.

„Das war extrem schade, denn ich hatte richtig gute Beine. Aber mir sind einige Speichen gebrochen und ich brauchte ein neues Hinterrad, was letztlich zu viel Zeit gekostet hat“, sagte der Hamburger, der 2:32 Minuten hinter Sagan auf Platz 40 über den Zielstrich rollte.

Nur eine Medaille für den deutschen Verband

Für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) war die WM in Bergen trotz der engagierte­n Leistung der Männer eine Enttäuschu­ng. Nach den Titelkämpf­en 2016 in Katar mit zwei Titeln und drei Silbermeda­illen gab es diesmal lediglich einen zweiten Platz im U23-rennen der Männer durch Lennard Kämna aus Köln. Der Bdrsportdi­rektor Patrick Moster aber blieb gelassen: „Es ist sicherlich eine Momentaufn­ahme. Aber dass man in Panik verfällt, ist nicht notwendig.“

Simon Geschke stand derweil die Enttäuschu­ng ins Gesicht geschriebe­n. „Wenn John Degenkolb in Vollbesitz seiner Kräfte hier mitgefahre­n wäre, hätten wir mit der heutigen Leistung ein wesentlich besseres Ergebnis geholt“, sagte der Berliner.

 ??  ?? Stolz: Der Slowake Peter Sagan war im Rennen nie zu sehen – bis er auf der Zielgerade­n zuschlug und sich den dritten Wm-titel in Serie sicherte. Foto: Reuters
Stolz: Der Slowake Peter Sagan war im Rennen nie zu sehen – bis er auf der Zielgerade­n zuschlug und sich den dritten Wm-titel in Serie sicherte. Foto: Reuters

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