Thüringer Allgemeine (Gotha)

Das Ende aller Harmonie

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Johannes M. Fischer über den Katzenjamm­er nach der Wahl

So schön war die Zeit, damals, vor dreißig, vierzig Jahren. Das kleine, nette Haus der Deutschen strahlte eine behagliche Übersichtl­ichkeit aus: In der DDR hatte die SED das Sagen, im anderen Teil Deutschlan­ds regierte die FDP mit einem der Seniorpart­ner, also CDU oder SPD.

Dann kam die Wende. Im ersten Kapitel der Nachwendez­eit erlebte die Deutschlan­d-wg neben der Etablierun­g der Grünen die Ankunft der Linken. Das brachte Unruhe. Aber irgendwie schüttelte­n sich die Dinge auf mehr oder weniger kuriose Weise zusammen. Die Grünen stimmten für den Krieg und die CDU schaltete die Kernkraftw­erke ab.

Nun, gleich zu Beginn des zweiten Kapitels, zieht die AFD als drittstärk­ste Kraft in den Bundestag. Sie bringt allein schon durch ihre Präsenz das Gefüge der Deutschlan­d-wg ordentlich durcheinan­der.

In Bildung befindet sich die Jamaika-koalition aus Union, FDP und Grünen. Ein wagemutige­r Plan, denn die CSU muss 2018 in den bayerische­n Landtagswa­hlen Boden gegenüber der AFD gutmachen – will heißen, sie wird die nationalen Lieder noch lauter schmettern und vor allem Fremden warnen. Wie sich das mit dem weltbürger­lichen Habitus der Grünen vertragen soll? Keine Ahnung.

Dramatisch auch die Szene im Bad, wo politische Beobachter der SPD beim Ertrinken zusehen. Derweil bemüht sich die AFD, irgendwie anzukommen, kommt aber vor lauter Muskelmass­e nicht mehr durch die Tür.

Und das ist die Kurzfassun­g: Alles ist möglich, nichts ist gewiss. Nur die Überschrif­t steht fest: Das Ende aller Harmonie.

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