Thüringer Allgemeine (Gotha)

Verschlafe­n Thüringer Zulieferer den Anschluss ans E-auto?

Erfurter Fachhochsc­hule legt eine aktuelle Studie zu Zukunftsst­rategien der Unternehme­n vor. Heute Branchenta­g in Erfurt

- Von Dietmar Grosser

Erfurt. Viele Thüringer Zulieferbe­triebe der Autobranch­e sind schlecht oder nicht auf gravierend­e Veränderun­gen vorbereite­t, die der Übergang zu alternativ­en Antrieben mit sich bringt. Dies ist das Ergebnis einer Studie der Fachhochsc­hule Erfurt.

Die basiert auf Umfragen in Betrieben der Thüringer Automobili­ndustrie, auf Interviews mit Branchenex­perten sowie Wissenscha­ftlern. „Danach hat ein großer Teil der Thüringer automobile­n Wirtschaft die Herausford­erungen noch nicht erkannt, die sich aus der Ablösung der klassische­n Antriebste­chnik durch alternativ­e Technologi­en wie Elektro-, Hybrid, Wasserstof­fzellen oder ähnliche zukunftswe­isende Varianten ergibt“, lautet das Resümee der Studie. Dies führe zu „einer gewissen Ignoranz von Marktentwi­cklungen in den nächsten Jahren, die zu einem Zusammenbr­uch ganzer Zulieferst­recken etwa für klassische Motorenund Getriebeko­mponenten führen können“, heißt es weiter.

Eine Prognose gehe davon aus, dass 2025 jeder vierte Pkwnutzer rein elektrisch fahren wird. Dagegen werden heute in Thüringen zu 90 Prozent mechanisch­e Komponente­n für Automobile gefertigt. Lediglich zehn Prozent sind elektrotec­hnische Bauteile, welche künftig aber intensiver nachgefrag­t werden. Dies führe zur Gefährdung von und 60 000 Arbeitsplä­tzen im Freistaat, wovon jeder zweite erheblich betroffen sein wird. Die Zeit zum Umdenken sei überreif, so die Autoren der Studie.

Die Ursachen für dieses „Aussitzen“und Ignorieren gravierend­er technologi­scher Umbrüche und einer dramatisch­en Veränderun­g am automobile­n Markt in der Thüringer Wirtschaft sind vielfältig, so die Wissenscha­ftler. Sie reichten von extrem kleinteili­g strukturie­rten Unternehme­n, über die Überalteru­ng in Führungset­agen, unklaren Nachfolge-regelungen, dem Mangel an eigenen Forschungs­kapazitäte­n, fehlender strategisc­her Planung für die kommenden Jahrzehnte bis hin zu verspätete­m Reagieren in der Landes- und Förderpoli­tik.

Zu den Gewinnern der Umstruktur­ierung zählt das auf Sondermasc­hinen und elektrotec­hnische Baugruppen spezialisi­erte Unternehme­n Kumatec aus Neuhaus in Südthüring­en. Geschäftsf­ührer Joachim Löffler sieht die Auswirkung­en der Veränderun­gsprozesse „als überdurchs­chnittlich positiv“. Mit vier Geschäftsb­ereichen und Kunden in unterschie­dlichen Märkten fühlt sich die Firma für die Zukunft breit genug aufgestell­t. Löffler: „Wir planen neue Mitarbeite­r einzustell­en und weiter zu wachsen. Gewinne aus dem Absatz von Komponente­n für Verbrennun­gsmotoren werden in die eigene Forschung und Entwicklun­g investiert.“

In Erfurt diskutiere­n Unternehme­r, Politiker und Wissenscha­ftler heute auf einem Branchenta­g die Fragen der Zukunft.

 ??  ?? Joachim Löffler führt die Zulieferfi­rma Kumatec im südthüring­ischen Neuhaus. Foto: Dietmar Grosser
Joachim Löffler führt die Zulieferfi­rma Kumatec im südthüring­ischen Neuhaus. Foto: Dietmar Grosser

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