Verschlafen Thüringer Zulieferer den Anschluss ans E-auto?
Erfurter Fachhochschule legt eine aktuelle Studie zu Zukunftsstrategien der Unternehmen vor. Heute Branchentag in Erfurt
Erfurt. Viele Thüringer Zulieferbetriebe der Autobranche sind schlecht oder nicht auf gravierende Veränderungen vorbereitet, die der Übergang zu alternativen Antrieben mit sich bringt. Dies ist das Ergebnis einer Studie der Fachhochschule Erfurt.
Die basiert auf Umfragen in Betrieben der Thüringer Automobilindustrie, auf Interviews mit Branchenexperten sowie Wissenschaftlern. „Danach hat ein großer Teil der Thüringer automobilen Wirtschaft die Herausforderungen noch nicht erkannt, die sich aus der Ablösung der klassischen Antriebstechnik durch alternative Technologien wie Elektro-, Hybrid, Wasserstoffzellen oder ähnliche zukunftsweisende Varianten ergibt“, lautet das Resümee der Studie. Dies führe zu „einer gewissen Ignoranz von Marktentwicklungen in den nächsten Jahren, die zu einem Zusammenbruch ganzer Zulieferstrecken etwa für klassische Motorenund Getriebekomponenten führen können“, heißt es weiter.
Eine Prognose gehe davon aus, dass 2025 jeder vierte Pkwnutzer rein elektrisch fahren wird. Dagegen werden heute in Thüringen zu 90 Prozent mechanische Komponenten für Automobile gefertigt. Lediglich zehn Prozent sind elektrotechnische Bauteile, welche künftig aber intensiver nachgefragt werden. Dies führe zur Gefährdung von und 60 000 Arbeitsplätzen im Freistaat, wovon jeder zweite erheblich betroffen sein wird. Die Zeit zum Umdenken sei überreif, so die Autoren der Studie.
Die Ursachen für dieses „Aussitzen“und Ignorieren gravierender technologischer Umbrüche und einer dramatischen Veränderung am automobilen Markt in der Thüringer Wirtschaft sind vielfältig, so die Wissenschaftler. Sie reichten von extrem kleinteilig strukturierten Unternehmen, über die Überalterung in Führungsetagen, unklaren Nachfolge-regelungen, dem Mangel an eigenen Forschungskapazitäten, fehlender strategischer Planung für die kommenden Jahrzehnte bis hin zu verspätetem Reagieren in der Landes- und Förderpolitik.
Zu den Gewinnern der Umstrukturierung zählt das auf Sondermaschinen und elektrotechnische Baugruppen spezialisierte Unternehmen Kumatec aus Neuhaus in Südthüringen. Geschäftsführer Joachim Löffler sieht die Auswirkungen der Veränderungsprozesse „als überdurchschnittlich positiv“. Mit vier Geschäftsbereichen und Kunden in unterschiedlichen Märkten fühlt sich die Firma für die Zukunft breit genug aufgestellt. Löffler: „Wir planen neue Mitarbeiter einzustellen und weiter zu wachsen. Gewinne aus dem Absatz von Komponenten für Verbrennungsmotoren werden in die eigene Forschung und Entwicklung investiert.“
In Erfurt diskutieren Unternehmer, Politiker und Wissenschaftler heute auf einem Branchentag die Fragen der Zukunft.