Seit 36 Jahren unter einem Dach
Zu Besuch bei dem Fledermaus-schützer Karl-heinz Richter und seinen Kleinen Hufeisennasen. Auszeichnung für das Engagement
Langenorla. Fünf kauende Schafe, eine ruhende Katze und dutzende schlafende Fledermäuse. Eines kann man den Richters in Langenorla sicherlich nicht vorwerfen: Dass sie Tiere nicht mögen. „Ich bin ein Naturbursche und Naturschützer“, sagt Karl-heinz Richter. Der 73-Jährige sitzt nachdenklich in der Küche. Er sorgt sich um die etwa 160 fliegenden Säuger, die seit 1981 auf seinem Dachboden leben. „Wenn meine Frau und ich nicht mehr können, weiß ich nicht, was mit den Kleinen Hufeisennasen geschehen soll“, sagt Richter.
Darüber denke er ungern nach. Wehmütig meint er zu seiner Frau Bärbel: „Wenn wir ins Altersheim gehen, brauchen wir jemanden, der die Fledermäuse in Obhut nimmt.“
Denn Dutzende Flattermänner-generationen gehörten schon zur Familie. Richter ist gelernter Schlosser und stammt aus dem sächsischen Löbau, doch seit 1965 wohnt er mit seiner Familie, zu der auch zwei Söhne gehören, in Langenorla.
„Vor 36 Jahren begannen wir, das Haus zu bauen. Als der Rohbau stand, kamen die ersten zehn bis zwölf Fledermäuse“, erzählt er von den Anfängen. Er weiß auch, warum sich die „weichen und flauschigen Tierchen“, wie er sagt, ein neues Zuhause suchten: Ihre alte Behausung wurde saniert. Die Langenorlaer Schule war bis dahin der Hort der Kleinen Hufeisennasen. „Der Platz unter dem Dach wurde anderweitig benötigt und es musste gebaut werden. So suchten sich die Tiere ein ruhigeres Ausweichquartier“, kennt Richter den Grund für den Umzug. Da es den Fledermäusen – die in Deutschland auf der sogenannten Roten Liste der gefährdeten Arten stehen – offensichtlich in ihrem neuen Heim gefiel, blieben sie bis heute. „Sie ziehen nach ihrem Winterschlaf im März oder April ein und ziehen im September wieder aus. Sie fliegen immer durch die selbe offene Luke raus und rein, denn die existierte damals schon“, sagt der 73-Jährige.
„Sie müssen wissen, die Fledermäuse machen unheimlich viel Dreck“, sagt Bärbel Richter etwas missmutig und ergänzt: „Aber der Kot – auch Guano genannt – ist ein unglaublich guter Dünger.“Sie habe sich mit der Zeit mit den Untermietern arrangiert. „Wir freuen uns, wenn sie im Frühjahr kommen, aber auch wenn sie im Herbst in ihre Winterquartiere ziehen“, zitiert sie aus der Dankesrede ihres Ehemanns. Denn erst kürzlich erhielt die Familie Richter den „Johann-matthäus-bechsteinpreis für besonderes Engagement im Thüringer Fledermausschutz“. Die Auszeichnung fand im Rahmen des Festaktes „Fledermäuse im Aufwind – 20 Jahre Interessengemeinschaft Fledermausschutz und -forschung Thüringen e.v.“statt. Den mit 1000 Euro dotierten Preis nahmen sie gern mit heim, denn der letzte Umbau des Dachbodens verschlang etwa 2200 Euro.
Momentan sind noch etwa 50 Tiere unter dem Dach – ungewöhnlich viele. Aber der Fledermausfreund weiß, dass die Flattermänner Wärme lieben: „Um die Esse ist es angenehm, denn wir heizen schon im Haus.“Mit Verzögerung ziehen die Kleinen Hufeisennasen aus, um ihre Winterquartiere zu beziehen.