Wer hält den Laden zusammen?
Bundestagspräsident leitet sechs Fraktionen
Berlin. Die Stellenbeschreibung verlangt einiges: Wortgewandt soll der Bewerber sein. Dazu mit allen parlamentarischen Wassern gewaschen. Und: Er oder sie sollte in der Lage sein, ein Parlament mit dann sechs Fraktionen zu leiten.
Die Entscheidung über das zweithöchste Staatsamt ist diesmal so spannend wie selten. Üblicherweise kommt der Bundestagspräsident aus den Reihen der größten Fraktion. Weil Norbert Lammert (CDU), der bisherige Parlamentschef, nicht mehr für den Bundestag kandidiert hat, ist das Amt frei. Viele halten Wolfgang Schäuble (75) für die Idealbesetzung. Der Finanzminister sitzt seit 45 Jahren im Bundestag und hat gerade erst wieder sein Direktmandat im Wahlkreis Offenburg verteidigt.
Für den Fall jedoch, dass Merkel auf Schäuble als Finanzminister nicht verzichtet, werden weitere Namen genannt – darunter auch Innenminister Thomas de Mazière und Gesundheitsminister Hermann Gröhe. Möglich, dass es am Ende keiner der drei wird, sondern eine Frau: Kulturstaatsministerin Monika Grütters wird das Amt genauso zugetraut wie Michaela Noll, die bereits Erfahrungen als Vizepräsidentin hat. Spätestens 30 Tage nach der Bundestagswahl tritt der neue Bundestag zusammen.
Die konstituierende Sitzung muss spätestens am 24. Oktober stattfinden, an diesem Tag muss auch der Parlamentspräsident gewählt werden. Da es sehr unwahrscheinlich ist, dass so frühzeitig die künftige Regierungskoalition feststeht, ist die Festlegung auf einen Kandidaten nicht ohne Risiko. Heißt: Die Union muss ihre Entscheidung treffen, ohne genau zu wissen, wer am Ende im Kabinett sitzen kann.