„Besessener Selbstdarsteller“
Die Galerie Schloss Ettersburg eröffnet morgen eine Ausstellung mit Bildnissen und Landschaften von Otto Dix
Weimar/ettersburg. Otto Dix (1891– 1969) hat von Anfang bis Ende seiner Künstlerkarriere Selbstbildnisse geschaffen. Er sei ein „besessener Selbstdarsteller“gewesen, sagt Hans-dieter Mück. Der freischaffende Kurator eröffnet morgen mit Bildnissen und Landschaften des großen Thüringer Künstlers die nunmehr 15. Ausstellung in der Galerie Schloss Ettersburg bei Weimar.
Zentrales Thema der Schau „Mit unsentimentalem Scharfblick“sind die Dix‘schen Selbstzeugnisse, aus denen sich die Lebensumstände beziehungsweise die seelische Verfassung des aus Gera stammenden Malers und Grafikers gut ablesen lassen. So trifft man auf dem repräsentativen Eigenporträt von 1923 einen Dix an, der den Betrachter aus tiefsitzenden Augen herausfordernd anschaut. Für Kurator Mück ist es ein fragender Blick, der sich an Dix‘ Zeitgenossen richtet, ob die Betrachter auch zu den Spießern gehörten, die seine Kunst als sittenwidrig und pornografisch herabwürdigten.
1922 und 1923 musste sich der Maler zweimal vor Gericht verantworten. Zunächst wurde sein Gemälde „Mädchen vor dem Spiegel“bei der „Juryfreien Kunstschau“in Berlin konfisziert. Es zeigt eine junge Frau von hinten, die sich vor einem ovalen Standspiegel schminkt. Das Spiegelbild offenbart allerdings eine ausgemergelte Alte mit schlaffen Brüsten und entblößter Scham.
Im folgenden Prozess wurde Dix freigesprochen – ebenso wie im Fall des Gemäldes „Salon II“, das in Darmstadt beschlagnahmt worden war. In dieser Bordellszene buhlen vier nackte Freudenmädchen um einen Herrn im feinen Anzug. „Der Makel eines ‚Nuttenmalers‘ hing ihm fortan in der Öffentlichkeit an“, erklärt Hans-dieter Mück.
Das „Selbstbildnis IV“von 1948 zeigt dann einen gebrochenen Dix mit dunklen Schatten im Gesicht. Die Erinnerungen an die Ns-zeit lassen ihn offenbar nicht los.
Bereits im April 1933 war er als Professor der Dresdener Kunstakademie entlassen worden. Bei den folgenden „Säuberungsaktionen“werden insgesamt 260 seiner Werke als „entartet“diffamiert und aus deutschen Museen beschlagnahmt. Viele wichtige Bilder, darunter auch das „Mädchen vor dem Spiegel“und „Salon II“, gehen verloren.
Ein letztes Selbstbildnis zeigt Dix im Jahr 1968. Er zeichnete es nach seinem ersten Schlaganfall, der zur Lähmung seiner linken Hand führte. Es wirkt beinah wie eine Karikatur – jung und frech.
Neben den Porträts stellt die Ettersburger Ausstellung Dix als Stilpluralisten vor, wobei der Schwerpunkt auf dem eher unbeachteten Alterswerk liegt. Hatte er in jungen Jahren kubistische und dadaistische Fingerübungen unternommen, wird er Anfang der 20er-jahre neben George Grosz zum Begründer des Verismus – jener Kunstrichtung, die die soziale Wirklichkeit kritisch untersucht. Als er 1933 an den Bodensee flüchtet, wendet sich der „Chronist der Großstadt“der unverfänglichen Landschaftsmalerei zu.
Nach 1945 erfindet sich Otto Dix noch einmal neu, entdeckt laut Mück den Expressionismus, den er zuvor übersprungen hatte. Zudem lotet er die Möglichkeiten der Farblithographie aus, dem „Gemäldeersatz für den kleinen Geldbeutel“.
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Die Schau wird Donnerstag, . Uhr, im Schloss Ettersburg eröffnet. Öffnungszeiten: Mo-fr - Uhr