Patienten warten neun Monate auf Untersuchung beim Kardiologen
Kassenärzte und Stadt sehen jedoch keinen Mangel an Haus- und Fachärzten in Gotha. Tagesklinik in der Innungshalle
Geschäftsführer Norbert Kaschek über Pläne der Stadtwerke zum Umweltschutz Gotha. Einen Mangel an Hausund Fachärzten sieht die Stadt Gotha rund um Friedenstein nicht. Auch wenn sich das in der Realität mitunter anders darstellt.
Cdu-stadtratsmitglied Sylvia Schäfer hat eine entsprechende Anfrage ihrer Fraktion mit mehreren Beispielen untersetzt. Die pensionierte Lehrerin unterrichtet Deutsch als Fremdsprache. Als vier syrische Schüler vor wenigen Wochen mit Fieber und Bronchitis zu ihr in den Kurs gekommen waren, habe sie diese sofort zum Arzt geschickt. Eine halbe Stunde später seien sie unverrichteter Dinge wieder zurückgekehrt. Auf die Schnelle hatten sie keinen Arzt gefunden, berichteten sie.
Sylvia Schäfer konnte das dann mit ihnen regeln.
Als sie selbst nach einem Krankenhausaufenthalt bei einem Kardiologen um eine dringende Untersuchung ersuchte, habe sie einen Termin erhalten: am 11. Juni 2018, um 10.30 Uhr – in einen dreiviertel Jahr. „Das ist keine Ausnahme“, stellt sie fest.
Für akute Fälle empfiehlt Oberbürgermeister Knut Kreuch (SPD) die Notaufnahme des Helios-krankenhauses Gotha. Dort werde jedermann behandelt. Hinsichtlich Arztbelegung fragte die Stadt Gotha bei der dafür zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung nach. Die KV habe mitgeteilt: Sie sehe keinen akuten Handlungsbedarf in Gotha.
In der Kreisstadt sind derzeit insgesamt 38 Hausärzte und 78 Fachärzte niedergelassen. Nach einer entsprechenden Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen beträgt das durchschnittliche Alter bei den Hausärzten 54 Jahre, bei den Fachärzten 52 Jahre. Angesichts der Tatsache, dass zahlreiche ältere Gothaer Ärztinnen und Ärzte stundenweise arbeiten, fließen diese in die Statistik mit ein. Nach Berechnungen der Stadtverwaltung sei der tatsächliche Altersdurchschnitt um mindestens zwei Jahre jünger anzusetzen. Werde noch die lange Facharztausbildung berücksichtigt, könne derzeit von einer verbesserten Altersstruktur gesprochen werden.
Eine aktuell vorhandene ärztliche Unterversorgung in Gotha könne er somit nicht erkennen, erklärte Kreuch. Die Stadt sei für die Arztbelegung nicht zuständig. Die Kassenärztliche Vereinigung könne diese allein auch nicht garantieren. Vielmehr bedürfe es flankierender Maßnahmen der Bundes- und Landespolitik.
Der Landkreis Gotha hat inzwischen eine Hausarzt-initiative gestartet. 7,5 Hausarztstellen sind derzeit (Stand 5. Juli 2017) unbesetzt.
Die Stadt Gotha stehe in regelmäßigem Kontakt mit der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen. „Wir versuchen, uns gegenseitig zu helfen“, versichert OB Kreuch. Dies bedeutet konkret, dass die Stadtverwaltung nur an den „weichen“Faktoren mithelfen könne, in dem sie geeignete Praxisräume zur Verfügung stellt, durch Vermittlung von Wohnungen oder Grundstücken und Häusern, sowie durch Unterbringung von Kindern der Ärzte in Kindergärten und Schulen. Gleiches gelte für die Unterstützung beim Bau von Arztpraxen.
Darüber hinaus bemühe sich die Stadt mit Stipendiaten in Kontakt zu kommen, die ein Stipendium von der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen bekommen haben und sich verpflichtet haben nach Ausbildungsende mindestens fünf Jahre in Thüringen zu bleiben. „Wir treten auch in Kontakt mit Gothaerinnen und Gothaern, die gerade Medizin studieren“, erklärt der Oberbürgermeister. In letzter Zeit hätten sich einige Allgemeinmediziner als auch Fachärzte in Gotha niedergelassen, teilweise auch mit Übernahme bestehender Arztpraxen.
Kreuch weist ferner darauf hin, dass sich in den letzten Jahren in Gotha eine Vielzahl von Ärzten neu angesiedelt hat, Praxen wurden wieder belegt und neue junge Ärzte im direkten Dialog angeworben. „Wir veranstalten keine Runden Tische zur Ärzteversorgung, sondern handeln konkret mit unseren Partnern.“Das bedeute, dass die Stadt Gotha in den letzten Jahren an der Eröffnung von zehn Praxen direkt beteiligt war, auch in enger Partnerschaft mit der Klinik Gotha.
Diese hat als jüngste Initiative die ehemalige Innungshalle zur Tagesklinik umgewandelt. Nach Auszug der Stadtverwaltung werden dazu dort die oberen Etagen genutzt.
7,5 unbesetzte Hausarztstellen