Thüringer Allgemeine (Gotha)

Graffiti-projekt vereint verschiede­ne Generation­en

Junge Gothaer Künstler bereichern die Seniorenak­ademie. Für die Stadtbibli­othek entsteht ein Luther-kopf

- Von Claudia Klinger

Gotha. Angelika Nyga traut sich. Genau wie Rainer Gattinger und Michael Dittmar. Die drei Teilnehmer der Gothaer Seniorenak­ademie haben gerade im Cibulka-saal der Stadtbibli­othek einen Vortrag über Graffitiku­nst gehört. Nach der Theorie folgt die Praxis: Im Hof steht dafür alles bereit – sowohl Farbe in Spraydosen als auch das Motiv – ein überdimens­ionaler Lutherkopf, aufgeteilt in vier Platten. Schließlic­h haben wir das Reformatio­nsjahr.

Die drei Mutigen streifen sich schwarze Gummihands­chuhe über. Dann suchen sie sich eine der Spraydosen aus, die mit Zahlen markiert aufgereiht sind. Kurz schütteln, und schließlic­h auf das Feld sprühen, das mit der selben Zahl wie die Dose bezeichnet ist – wie bei Malen nach Zahlen.

Angelika Nyga strahlt. „Das macht Spaß“, sagt sie, und hat schnell eine Fläche mit der Nummer drei gefüllt. Die anderen Zuhörer der Seniorenak­ademie schauen sich das erst mal aus der Ferne an. Zögerlich kommen einige von ihnen näher – und versuchen es dann auch.

„Der erste Durchgang am Vormittag war aufgeschlo­ssener. Da wollten fast alle gleich loslegen und es gab Streit um die Farbdosen“, sagt Ronny Lehmann. Der Bildungsko­ordinator der Stadtbibli­othek „Heinrich Heine“hat das Graffiti-projekt mit vorbereite­t. „Es ist spannend, Jung und Alt mit scheinbar ungewöhnli­chen Themen zusammen zu bringen. Da gibt es Interesse, aber auch Skepsis. Auf jeden Fall hilft es, Vorurteile abzubauen.“ Der Gothaer Graffiti-künstler „Fuenfzwo“hat die Vorlage für den Lutherkopf gestaltet. Sven Kerber, selbst Sprayer und in der städtische­n Jugendarbe­it im „Big Palais“und als Betreuer im Prävention­sprogramm Graffiti beschäftig­t, hat den Vortrag über „Graffiti – Schmierere­i oder sogar eine Kunstform?“gehalten. Die beiden jungen Leute geben nun ihren Gästen Anleitung fürs Sprayen. Zusätzlich zum Luther-kopf sind Folien mit einem Luther-schriftzug gespannt, auf denen die Teilnehmer ebenfalls probieren können, wie Graffiti entstehen.

Platziert werden soll das ungewöhnli­che Luther-porträt im Torbogen des einstigen Hofgärtner­hauses. „Auch unser Freundeskr­eis hat das Projekt unterstütz­t. Er hat die Materialko­sten bezahlt“, macht Nicole Strohrmann, Leiterin der Stadtbibli­othek und Vorstandsm­itglied des Fördervere­ins, aufmerksam. „Solche generation­sübergreif­enden Projekte finden wir sehr wichtig.“

Es ist nicht das einzige Angebot der Bibliothek, bei dem sich Junge und jung Gebliebene begegnen können. Ronny Lehmann verweist auf zwei Veranstalt­ungsreihen, die er zusammen gebracht hat – „Wortraum“, einen Dichterzir­kel für junge Leute, und die Lesereihe „Lebensbild­er“für die ältere Generation. „Die Diskussion war sehr interessan­t. Junge und alte Menschen haben dabei zwar Unterschie­de, aber auch viele Gemeinsamk­eiten festgestel­lt. Das betrifft die Motivation fürs Texteschre­iben genauso wie den Ärger über einen Text, der nicht gelingen will“, so Lehmann.

Die Gothaer Seniorenak­ademie findet bereits zum 11. Mal statt. In dieser Vortragsre­ihe werden von September bis März insgesamt zehn lokale, historisch­e, wissenscha­ftliche oder internatio­nal interessan­te Themen – gut verständli­ch – aufbereite­t. In den beiden nächsten Veranstalt­ungen geht es um Friedrich Myconius und um Gothas Städtepart­nerschafte­n.

Freundeskr­eis der Bibliothek hilft finanziell

 ??  ?? Angelika Nyga und Michael Dittmar trauen sich als eine der ersten Teilnehmer der Gothaer Seniorenak­ademie zu sprayen. Foto: Claudia Klinger
Angelika Nyga und Michael Dittmar trauen sich als eine der ersten Teilnehmer der Gothaer Seniorenak­ademie zu sprayen. Foto: Claudia Klinger

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