Thüringer Allgemeine (Gotha)

Eisenacher Innenstadt mit Tastsinn erkunden

Stadtmodel­l für blinde und sehbehinde­rte Menschen entsteht und soll am Lutherplat­z stehen. Bronzeguss erfolgt wahrschein­lich Mitte November

- Von Peter Rossbach

Eisenach. Jörg Hansen ist fleißig. Er markiert mit einem Stift auf dem großen Modell, wo was fehlt, wo noch ein Mäuerchen hin muss, wo in Wirklichke­it ein Denkmal steht. Genau dazu dient das Treffen. Mitglieder der drei großen Serviceclu­bs in Eisenach (Rotary, Lions, Soroptimis­ten) und Vertreter der Stadtverwa­ltung fanden sich rund um das Modell der Eisenacher Innenstadt ein, um die letzten Feinheiten zu besprechen.

Es entsteht ein Stadtmodel­l für Blinde und Sehbehinde­rte, das am Lutherplat­z aufgestell­t wird. „Die meisten Touristen entdecken auch unsere Stadt über die Gebäude und Straßenzüg­e, dies wird mit solch einem Modell in Eisenach nun auch für Menschen mit dieser Behinderun­g möglich“, freut sich OB Katja Wolf (Linke) über das Engagement der Serviceclu­bs.

Egbert Broerken ist Bildhauer und Objektdesi­gner, der schon 140 solcher Modelle in anderen Städten geschaffen hat. Er war nun über Wochen mit der Fotokamera in Eisenach unterwegs und hat alle Gebäude und Straßen fotografie­rt, „wo es ging von allen Seiten“. Zudem stehen ihm Luftbilder und Katasterun­terlagen zur Verfügung.

Auf dieser Grundlage hat er sich Eisenach geschnitzt. Broerken hat die Innenstadt – entlang der alten Stadtmauer im Maßstab 1:800 gebaut. Das heißt: Das Gebiet von Nikolaitor bis Posthalter­ei und von Frauentor bis Theater. Als Material dient verdichtet­es Styropor, „das ist fest genug, um nicht gleich kaputt zu gehen, aber noch so weich, dass man gut und genau schnitzen kann“, so der Künstler. Das ist die wichtigest­e Arbeit, denn jeder Fehler hier wird dann im echten Modell genauso ein Fehler sein. Daher ist dieses Treffen ein wichtiges Datum. Es ist eine diffizile Arbeit, weil ja gerade die später ertastbare­n Einzelheit­en so wichtig sind, da muss jedes Türmchen, jede Gaube, jedes Fenster schon am richtigen Platz sein. Selbstvers­tändlich spielen dabei die besonderen Bauwerke, die er sich nun auch von den Teilnehmer­n des Treffens noch an den richtigen Stellen markieren ließ, auch eine besondere Rolle: Reiterdenk­mal, Marktbrunn­en, Schwarzer Brunnen.

Nun wird Broerken Änderungen noch schnitzen und ins Modell einbauen. Zudem müssen noch die Topographi­e an das derzeit flache Modell angepasst werden, die Steigungen im richtigen Winkel samt der teilweise dazugehöri­gen Treppenanl­agen angepasst werden. Damit ist die Grundlage für den Bronzeguss geschaffen. Mitte November, schätzt Broerken, wird er so weit sein, dass das Modell in die Gießerei kommt und der Bronzeguss über die Bühne geht.

Besondere Bauwerke spielen besondere Rolle

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