„Unsere Chance besteht darin, dass wir keine haben“
Trainer Christoph Jauernik über die Eisenacher Handballkrise, Saisonziel Platz sechs – und das, was jetzt kommt
Eisenach. Mit 2:10 Punkten, nur einem Sieg und fünf Niederlagen am Stück, haben die Handballer des THSV Eisenach den Saisonstart in der 2. Bundesliga gründlich verpatzt. Statt wie erhofft im oberen Tabellendrittel mitzuspielen, liegen die Thüringer derzeit auf einem Abstiegsplatz. Vor dem Auswärtsspiel am Freitag beim Bundesligabsteiger Balingen sprachen wir mit Eisenachs Trainer Christoph Jauernik über die aktuelle Krise des Traditionsvereins.
Ist die Not am größten, ist Eisenach am nächsten. Nach Konstanz hat nun mit Wilhelmshaven ein weiteres Kellerkind seinen ersten Saisonsieg ausgerechnet gegen den THSV gefeiert. Haben Sie das schon verarbeitet?
Ich gebe zu, das liegt mir noch ganz schön im Magen. Nicht nur dieses Spiel gegen Wilhelmshaven, was das dritte war, das wir mit einem Tor Unterschied verloren haben. Es ist unser schwacher Saisonstart insgesamt, der nicht nur mich, sondern die ganze Mannschaft beschäftigt.
Welche Ursachen sehen Sie mit drei Tagen Abstand für die peinliche erste Halbzeit gegen Wilhelmshaven ?
Wir hatten eine sehr verkrampfte Offensive. Die Verunsicherung lastet derzeit als schwere Hypothek auf unserem Spiel. Umgekehrt konnte unsere Abwehr daraus wiederum keine Stärke beziehen und präsentierte sich anfangs ebenso schwach. Immerhin haben wir eine gute zweite Halbzeit folgen lassen.
Die immer wieder beschworene Qualität kam also wieder einmal nicht aufs Parkett. Warum funktioniert das nicht? Wir stecken in einer kleinen Spirale. Es ist ja so: Bei jedem Gegentor, das man im Handball kassiert, ist etwas schief gelaufen. Positive Ansätze im Spiel gehen auf diese Weise immer wieder unter. Manche Spieler wollen in solchen Situationen dann mit dem Kopf durch die Wand – mit den in solchen Fällen bekannten Folgen. Gab es schon eine Krisensitzung?
Am Montag haben wir uns zur gemeinsamen Auswertung zusammengesetzt, da sind auch klare Worte gefallen. Nicht nur das Spiel gegen Wilhelmshaven, sondern unsere gesamte Situation betreffend. Anschließend haben sich die Spieler noch einmal untereinander getroffen – nur die Mannschaft, ohne Trainer, Manager und Vorstand.
Wo setzt Ihre Kritik an. welche Konsequenzen ziehen Sie?
Mit einigen Spielern gehe ich hart ins Gericht. So muss sich Marcel Niemeyer fragen lassen, was er im bisherigen Saisonverlauf geleistet hat – auch, was sein Abwehrverhalten angeht.
Hätte man Urban, einen der Eisenacher Leistungsträger schlechthin, nicht doch halten sollen?
Keine Frage, sein Abgang nach Göppingen ist sportlich ein Verlust. Aber einen Spieler, der sich immer sehr professionell verhalten hat, kettet man nicht an. Er geht ja auch nicht irgendwohin, sondern zu einem Verein, der zu den Top-adressen in Deutschland zählt.
Stehen Sie als Trainer infrage? Gab es diesbezüglich interne Ansagen an Sie?
Intern, im Kreis der engen Vertrauten, nicht. Natürlich besteht meine Verantwortung darin, Punkte zu holen. Dass in einem Traditionsverein wie Eisenach der ein oder andere jetzt die Trainerfrage stellt, ist mir natürlich bewusst. Klar ist aber auch, ich lasse mich in meiner Arbeit davon nicht beeinflussen, bereite die Spiele und die Mannschaft weiter akribisch vor.
Ist Platz sechs überhaupt noch ein reales Saisonziel?
Das ist natürlich weit in die Ferne gerückt und momentan sicher kein Thema. Ganz abschreiben will ich es nicht, aber wir müssen zunächst schauen, was jetzt geht.
Christoph Jauernik (33) ist seit Juli 2016 Trainer des THSV Eisenach. Der Mathematik- und Sportlehrer war bereits als C-jugendlicher in den Verein gekommen.
Mit Balingen und dem Bergischen HC warten als Nächstes zwei Erstligaabsteiger auf den THSV, danach geht es nach Bad Schwartau. Wie wollen Sie da heil durchkommen? Velleicht ist es ganz gut, dass jetzt diese harten Brocken kommen. Salopp gesagt, besteht unsere Chance darin, dass wir keine haben. Dass wir in diesen Spielen klare Außenseiter sind. Vielleicht löst das Blockaden – weil die Spieler keine Angst haben müssen zu verlieren.