Strategisches Unvermögen
Martin Debes über den kommunalen Finanzausgleich
Gute Organisation sieht anders aus. Erst wird das Finanzausgleichsgesetz verspätet in den Landtag eingebracht. Und dann müssen es die Regierungsfraktionen als erste Amtshandlung auch noch sofort ändern. Die Regierung kam nicht mehr dazu.
Das Ergebnis ist einer dieser typischen Formelkompromisse. Die rot-rot-grüne Koalition will wie bisher das Geld noch stärker von den kleinen Gemeinden hin zu größeren Städten umverteilen. Nur geht sie nun einen Zwischenschritt – und kompensiert derweil die Verluste der Dörfer. Nach 2020 soll der neue Verteilungsmechanismus aber voll wirken, parallel zu der verschobenen Gebietsreform.
Das klingt kompliziert, ist aber mit einem gleichermaßen abgenutzten wie passenden Bild zu erklären. Die Prämien und Entschuldungshilfen, die für die Gemeindefusionen ausgelobt werden, sind das Zuckerbrot für die Kommunen. Der Finanzausgleich ist die Peitsche – oder zumindest der goldene Zügel.
Dies wäre ja immerhin so etwas wie ein Plan, wenn es denn noch so etwas wie eine zugehörige Gebietsreform gäbe. Doch das Vorhaben bleibt für diese Wahlperiode eine bestenfalls gesetzlich fixierte Ankündigung ohne Vollzug.
Der Grund dafür ist weniger in widrigen Umständen, das Verfassungsgericht, mäkeligen Medien oder gar bei der vor allem kontraproduktiven Opposition zu suchen – sondern vor allem bei Rot-rot-grün selbst. Das Hin und Her beim Finanzausgleich steht wie das Behördenwirrwarr repräsentativ dafür, was Linke, Grüne und zuweilen Sozialdemokraten früheren Regierungen vorwarfen: Ein strategisches Unvermögen zur Strukturreform.